Wenn es schon der Fleisch-Industrie an den Kragen geht …

… dann kann auch der Kalihersteller K+S nicht mehr sicher sein, dass seine Entsorgungspraxis bis zur Betriebsaufgabe geduldet wird. Aktionäre und Gewerkschaften sollten aufmerken.

Seit geraumer Zeit ist es in der Bundesrepublik üblich, dass die zuständigen Behörden über die Arbeits- und Hygienebedingungen in der Fleisch-Industrie hinwegsehen. Skandale werden eher zufällig aufgedeckt, können dann aber auch katastrophale Auswirkungen auf die Betriebe selbst haben (1), (2).

Deutschlands größter Schlachtbetrieb für Schweine hat es offenbar übertrieben, als er die Arbeitsbedingungen für seine Arbeitnehmer und Sub-Sub-Unternehmer auch in der Coronakrise nicht angepasst hat:

„Am Wochenende wurden in einer Tönnies-Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück mehr als 1300 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Die Produktion wurde für 14 Tage geschlossen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet schließt einen Lockdown für die Region Gütersloh nicht aus. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mahnte schärfere Regeln für die Fleischindustrie an, der Arbeitsschutz müsse verbessert werden. Freiwillige Lösungen könne es nicht mehr geben: „Jetzt ist es einfach so weit, jetzt muss es geregelt werden.“

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/news-coronavirus-toennies-stuttgart-philipp-amthor-cdu-a-0c3b93f5-c229-4c7e-9d83-a205eafbb2b1

Die Auswirkungen können für das Unternehmen ernst sein (3). Tönnies soll für den Schaden selbst aufkommen (4) und die Aufmerksamkeit ist nun auf eine ganze Branche konzentriert.

K+S geht auf dünnem Eis

Mangelnden Arbeitsschutz scheint man der K+S AG nicht vorwerfen zu können. Anders verhält es sich mit der Entsorgung der Abfälle (5), denn mit seinen Abwässern hat das Unternehmen das Süßwasser-Ökosystem in der Werra vernichtet und in der Weser schwer geschädigt. In den Untergrund verpresste Abwässer und versickernde Haldenlaugen haben im Werra-Fuldarevier Trinkwasservorkommen vernichtet und zu einer Schwermetallverseuchung des Grundwassers geführt. Auch aus dem Uferfiltrat der Flüsse kann bis Bremen kein Trinkwasser mehr gewonnen werden.

Aber auch dieser Betrieb scheint bislang unangreifbar zu sein, denn die zuständigen Behörden sind ihm erstaunlich weit entgegen gekommen. Die frist- und zielgerechte Umsetzung europäischer Richtlinien wird ihm nicht zugemutet (6), obwohl dies wirtschaftlich und technisch ohne Weiteres möglich wäre (7). Die EU-Kommission hat sogar ein anhängiges Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nicht-Umsetzung der Wasserrahmenrichtline in Werra und Weser eingestellt. Auch ein einschlägiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs darf offenbar missachtet werden.

Jetzt hat das Unternehmen sogar eine Vereinbarung aufgekündigt, mit dem ihm die Anrainerländer von Werra und Weser die Nicht-Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ermöglichen wollten. Das Unternehmen will noch mehr Abfälle in die Flüsse einleiten dürfen (8), (9).

Reicht es jetzt endlich?

Vielleicht ist dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Aktionäre und Gewerkschaften (10) sollten überprüfen, ob sie die Entsorgungspolitik des Unternehmens weiterhin bedingungslos unterstützen sollten. Vielleicht führen die zahlreichen Zugeständnisse ja nicht zur Sanierung des Unternehmens, sondern zur Anwendung des Rechts.

Glück auf.

Endnoten

(1)

(2) https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-06/bedingungen-gastarbeit-toennis-szabolcs-sepsi-rumaenisch-ausbeutung-fleischindustrie

(3) https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-06/toennies-coronavirus-infizierte-qurantaene-guetersloh-lockdown

(4) https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-06/corona-ausbruch-toennies-haftung-arbeitsminister-hubertus-heil

(5)

(6)

(7)

(8)

(9)

(10)


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