Das ist ganz wichtig: K+S schützt die Natur. Nur nicht vor den Folgen der eigenen Tätigkeit.

Immer wird nur schlecht geredet über den Kalihersteller K+S. Es stimmt zwar: höchstens 30% der geförderten Rohsalze werden wirtschaftlich genutzt, der Rest wird weder verwertet noch beseitigt, sondern an die Umwelt abgestoßen. Wir reden hier von jährlich ca. 15 Mio. Tonnen Salzen, angereichert mit einem Gemisch von Produktionshilfsstoffen. So wurde das Süßwasser-Ökosystem in der Werra vernichtet und in der Weser schwer geschädigt, Trinkwasser wurde versalzen und Grundwasser mit Schwermetallen belastet (1). Reden wir erst gar nicht von der Energieverschwendung, weil jährlich ca. 1 Million Tonnen Wertstoffe nicht gewonnen, sondern mit den Abwässern vernichtet werden (2).

Aber wir dürfen auch nicht vergessen, was das Unternehmen alles tut, um die Natur zu schützen.

Kleine Salzhalden der K+S AG mit Sichtschutz

Formsache: K+S darf schon mal roden

Die K+S AG hatte beantragt, ihre Rückstandshalde am Standort Wintershall um 26 Hektar zu erweitern. Die Genehmigung ist noch nicht erteilt, aber das Unternehmen darf schon einmal roden. Natürlich aus Naturschutzgründen, denn so kann K+S der Setz- und Brutzeit zuvorkommen und muss die Natur nicht stören. Und die Haselmäuse können noch umziehen, weil K+S zwar rodet, aber die Stubben noch stehen lässt (3).

Obwohl K+S die Genehmigung zur Haldenerweiterung erst Mitte 2020 erwartet, ist die vorgezogene Rodungserlaubnis nur Formsache. Alles andere widerspräche unserer Erfahrung mit der hessischen Genehmigungsbehörde. Die Begründung für eine Genehmigung der Haldenerweiterung dürfte aber schon knifflig werden (4), (5), (6).

Die Anlage von Rückstandshalden ist nämlich keineswegs erforderlich, um Kalidünger herzustellen (7), (8), (9), (10). Es stehen wirtschaftlich zumutbare Verfahren zur Verfügung, um die Abfälle der Kali-Industrie zu verwerten und ohne Umweltschäden zu beseitigen (11). Ein Versatz der Rückstände ist lediglich einige wenige Euro teurer als die Ewigkeitslast der Rückstandshalden. Deren Kosten entstehen zum weit überwiegenden Teil erst in der Zukunft (12).

Es ist aber auch rechtlich fraglich, ob die Salzhalden genehmigt werden dürfen:

Thesen zur Problematik der Rückstandshalden des Kalibergbaus

von NN

I. Die Errichtung der Rückstandshalden ist mit der Zweckbestimmung des Bergrechts nicht vereinbar

Gemäß der Zweckbestimmung des § 1 Nr. 1 BBergG ist der Bergbau unter Berücksichtigung des Lagerstättenschutzes bei schonendem Umgang mit Grund und Boden zu betreiben. Die Errichtung von Rückstandshalden verstößt permanent gegen diese Zweckbestimmung.

Weder das Gebot des Lagerstättenschutzes noch das Gebot des schonenden Umgangs mit Grund und Boden werden beachtet.

II. Die Errichtung der Rückstandshalden erfüllt nicht die Voraussetzungen für die bergrechtliche Betriebsplanzulassung

II.1 Vermeidung und Verwertung vor Beseitigung!

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BBergG sind die anfallenden Abfälle ordnungsgemäß zu verwenden oder zu beseitigen.

Die Errichtung der Rückstandshalden ist bereits deshalb nicht ordnungsgemäß, weil u.a. durch die zwangsläufig anfallenden Haldenlaugen Gewässer und Boden nachteilig beeinflusst werden (13). Dies stellt einen Verstoß gegen die Grundpflichten der Abfallentsorgung dar. Darüber hinaus verstößt die Errichtung der Rückstandshalden gegen die Anforderungen des §22a Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Bundesbergverordnung (ABBergV).

Der Unternehmer hat für die Entsorgung von Abfällen geeignete Maßnahmen zu treffen, um Auswirkungen auf die Umwelt sowie sich daraus ergebende Risiken für die menschliche Gesundheit so weit wie möglich zu vermeiden oder zu vermindern. Er hat dabei den Stand der Technik zu berücksichtigen.

Die Errichtung der Rückstandshalden verstößt gegen die allgemein gültige Grundpflicht der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung, nämlich Abfälle vorrangig zu vermeiden.

Das ergibt sich u.a. auch aus den in Anhang 5 zu § 22a Abs. 2 ABBergV unter Nr. 2 angegebenen Zielen des vom Unternehmer aufzustellenden Abfallbewirtschaftungsplans . Ziele des Abfallbewirtschaftungsplans sind danach:

a) Die Entstehung von Abfällen und deren Schadstoffpotential zu minimieren,

b) die Verwertung bergbaulicher Abfälle zu fördern sowie

c) die ordnungsgemäße Beseitigung zu sichern

Dazu soll die Abfallentsorgung bereits in der Planungsphase und bei der Wahl des Verfahrens zur Gewinnung und Aufbereitung, bei der Bewertung der Auswirkungen über Tage, der Verfüllung von Abbauhohlräumen sowie beim Einsatz weniger schädlicher Stoffe bei der Aufbereitung berücksichtigt werden.

Allen o.a. Zielen genügt die derartige Praxis nicht.

Es gibt geeignete Verfahren und Techniken, um die Entstehung von Abfällen zu vermeiden bzw. die Entstehung von Abfällen zu minimieren.

Die derzeitige Praxis entspricht deshalb auch nicht dem Stand der Technik.

II.2 Keine gemeinschädlichen Einwirkungen!

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG darf ein Betriebsplan nur dann zugelassen werden, wenn gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind.

Sowohl die bereits bestehenden wie auch die geplanten Rückstandshalden sind als Ewigkeitslasten zu betrachten. Die zwangsläufig entstehenden Haldenlaugen gelangen in den Boden oder in die Vorflut. Die damit einhergehende Versalzung stellt eine dauerhafte Einwirkung mit schädlichen Veränderungen insbesondere der chemischen und biologischen Beschaffenheit der Schutzgüter Boden, Grund- und Oberflächenwasser dar. Die Schwelle der Gemeinschädlichkeit ist damit signifikant überschritten (14).

Das Verwaltungsgericht Kassel stellt in einem Beschluss vom 02.08.2012 – 4 L 81/12.KS sogar ein „gigantisches Ausmaß der Verunreinigung des Grundwassers des Plattendolomits“ fest.

II.3 Überwiegendes öffentliches Interesse am Schutz der Lagerstätte!

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBergG darf ein Betriebsplan nur dann zugelassen werden, wenn keine Beeinträchtigung von Bodenschätzen, deren Schutz in öffentlichem Interesse liegt, eintreten wird.

Der derzeitige versatzlose Abbau im Kammer-Pfeiler-Bau führt zu Abbauverlusten in Größenordnungen von von teilweise über 60% (15).

Die Abbauverluste können erheblich reduziert werden, wenn die über Tage abgelagerten festen Rückstände als Versatz eingebracht würden. Dafür stehen ausreichend erprobte bergtechnische Verfahren zur Verfügung (16).

Es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Schutz der Lagerstätte angesichts des gesetzlichen Zieles der Sicherung der Rohstoffversorgung und der Bedeutung der aus der Lagerstätte gewonnenen Rohstoffe zur Herstellung von Düngemitteln für die Nahrungsmittelproduktion, die noch in großem Umfang auf kaliumhaltige Düngemittel setzt (17).

Der seit Jahrzehnten durchgeführte versatzlose Abbau widerspricht diesem öffentlichem Interesse.

Die übertägige Aufhaldung der festen Rückstände anstelle deren Verwendung als Versatz beeinträchtigt die Lagerstätte und erfüllt somit nicht die Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBergG.

II.4 Wiedernutzbarmachung der Flächen!

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BbergG darf ein Betriebsplan nur dann zugelassen werden, wenn die erforderliche Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche in dem nach den Umständen gebotenen Ausmaß getroffen ist.

Die Rückstandshalden verhindern eine künftige Nutzung der Oberfläche auf Dauer. Es ist überhaupt nicht erkennbar, wie jemals wieder eine Nutzung der Oberfläche ermöglicht werden könnte.

Auch aus diesem Grunde erfüllt die derzeitige Praxis nicht die Voraussetzungen für die Zulassung eines Betriebsplans.

Fußnoten

(1) W.Hölzel/WWA, Wie geht man mit den Rückstandshalden der Kali-Industrie um?, 07.10.2019, https://salzblog.org/2019/10/07/wie-geht-man-mit-den-rueckstandshalden-der-kali-industrie-um/

(2) (Kein) Klimaschutz in der industriellen Produktion am Beispiel der Herstellung von Kalidünger – Ein Beitrag zur Klimastreikwoche der Universität Kassel, 25.11.2019, https://salzblog.org/2019/11/25/klimaschutz-durch-werraschutz/

(3) https://www.hna.de/lokales/rotenburg-bebra/heringen-ort56535/k-s-schafft-platz-fuer-halde-erweiterung-am-standort-wintershall-wird-vorbereitet-13514389.html

(4) W.Hölzel/WWA, Das soll unbedingt vertuscht werden, 30.05.2017, https://salzblog.org/2017/05/30/das-soll-unbedingt-vertuscht-werden/

(5) W.Hölzel/WWA, Manipulation durch Einflussnahme – Das Hessische Umweltministerium und seine Fachbehörden, 08.11.2016, https://salzblog.org/2016/11/08/manipulation-durch-einflussnahme-das-hessische-umweltministerium-und-seine-fachbehoerden/

(6) W.Hölzel/WWA, Schönrednerei und Vertuschung eines Skandals, 26.02.2015, https://salzblog.org/2015/02/26/schoenrednerei-und-vertuschung-eines-skandals/

(7) W.Hölzel/WWA, Eine praktikable Lösung für die Entsorgungsprobleme des Kaliherstellers K+S war wohl nicht erwünscht, 14.11.2019, https://salzblog.org/2019/11/14/die-probleme-des-kaliherstellers-ks-ungewuenscht-geloest/

(8) W.Hölzel/WWA, Auf dem Silbertablett serviert – Die K+S AG lehnt ein Angebot der Stadtwerke Union Nordhessen und der General Electric Company ab, 02.12.2019, https://salzblog.org/2019/12/02/auf-dem-silbertablett-serviert-die-ks-ag-lehnt-ein-angebot-der-general-electric-corp-ab/

(9) W.Hölzel/WWA, Die Aufhaldung von Rückständen der Kali-Industrie ist technisch und wirtschaftlich nicht erforderlich, der Rückbau der Halden ist wirtschaftlich zumutbar, 28.102019, https://salzblog.org/2019/10/28/die-aufhaldung-von-rueckstaenden-der-kali-industrie-ist-technisch-und-wirtschaftlich-nicht-erforderlich-ihr-rueckbau-ist-wirtschaftlich-zumutbar/

(10) W. Hölzel/WWA, Die Besatzung der Titanic hofft auf eine technische Lösung, die es unnötig macht, dem Eisberg auszuweichen, 21.10.2019, https://salzblog.org/2019/10/21/in-hessen-sollen-die-salzhalden-verdoppelt-werden/

(11) W.Hölzel/WWA, Auf dem Holzweg, 15.04.2018, https://salzblog.org/2018/04/15/auf-dem-holzweg/

(12) W.Hölzel/WWA, „Vertraut unseren Plänen, wir bauen auf Sand“, 06.05.2019, https://salzblog.org/2019/05/06/vertraut-unseren-plaenen-wir-bauen-auf-sand/

(13) Siehe Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Kommentar zum Bundesberggesetz, § 55 RZ 140

(14) Bereits das Preußische Allgemeine Berggesetz (ABG) von 1865 hatte die Verunreinigung fließender Gewässer als typischen fall des Gemeinschadens angesehen. Quelle: Motive zu dem Entwurf des ABG, Zeitschrift für Bergrecht (ZfB) 6 (1865), Seite 198.

(15) Pilotprojekt Sazlabwasser, Endbericht 2007, Seite 30

(16) siehe z.B. K-UTEC AG Salt Technologies, Backfilling of rooms for pillar mining

(17) siehe auch VG Kassel, Beschluss vom 02.08.2012 – 4 L 81/12.KS – Abs. 77


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