… und jetzt: Klimakosmetik und brachliegende Potenziale

Die K+S AG hat sich in einer Stellungnahme zum Hessischen Klimaschutzgesetz und zum Klimawandel geäußert: Den Klimaschutz nicht zu weit treiben und keine Kontrollen bitte.

Der Umweltausschuss des Hessischen Landtags hat am 23.11.2022 das Hessische Klimaschutzgesetz beraten. Die K+S AG war zu einer Stellungnahme eingeladen, die in einer Zusammenstellung des Landtags zu finden ist. Wir können sie nicht unkommentiert lassen.

Zunächst das Selbstverständliche:

„K+S zählt zu den energieintensiven Unternehmen und ist Teil des europäischen Emissionshandelssystems. Etwa drei Viertel der von unserem Unternehmen benötigten Energie wird als Wärme und ein Viertel als Strom genutzt. Der hohe Wärmebedarf hängt einerseits mit den dampfintensiven Verfahren zur Aufbereitung von Rohsalzen zusammen. Andererseits ist Wärme zur Trocknung der Salze nötig.“

K+S AG, in: Ausschussvorlage ULA 20/38, Teil 2 vom 18.11.2022, S. 52

Aber auch Selbstlob darf nicht fehlen:

„K+S hat durch erhebliche Investitionen in moderne und hocheffiziente KWK-Anlagen sowie durch die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen bereits wichtige Schritte auf dem Weg hin zur Klimaneutralität umsetzen können. U.a. hierdurch konnte K+S die CO2-Emissionen im Zeitraum von 1990 bis heute bereits um rund 80 % senken. Damit verfügt K+S verglichen mit anderen internationalen Großanbietern aus der Branche über die aktuell energieeffizienteste Produktion weltweit, produziert allerdings zu deutlich höheren Kosten als die Hauptwettbewerber aus Weißrussland, Russland und Kanada“.

K+S AG, a.a.O., S. 53

In der Stellungnahme fehlt jedoch jeder überprüfbare Beleg für die hier aufgestellten Behauptungen. Ohne Belege wissen wir nicht, ob es sich hier um effektive Investitionen oder nur um zweifelhaften CO2-Handel handelt. Wir wissen noch nicht einmal, ob diese Aussagen nicht vielmehr ohne jeden Zusammenhang sind. Der Kauf von CO2-Gutschriften fragwürdiger Klimaprojekte ist jedenfalls nicht mehr als ein Täuschungsversuch, wie Foodwatch kürzlich mitteilte:

RND, 25.11.2022, „Irreführende Klima-Werbung“ – Lebensmittel: Warum klimaneutral nicht gleich klimafreundlich ist, http://bit.ly/3XyD7G0

Die Landtagsabgeordneten mögen damit zufrieden sein, wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass unbelegte Behauptungen des Unternehmens eher völlig falsch als auch nur annähernd zutreffend sind. Wir werden in diesem Blogpost noch darauf zurückkommen. Wir vermeiden es daher, hier weiteres unbewiesenes Eigenlob des Unternehmens zu zitieren.

Globale Probleme nicht lokal lösen?

Selbstverständlich unterstützt K+S die Bemühungen zum Klimaschutz:

„K+S unterstützt die ambitionierten Ziele des Pariser Klimaabkommens und bekennt sich klar zur Klimaneutralität bis
2045 an deutschen und 2050 an internationalen Standorten.“

K+S AG, a.a.O., S. 53

Und:

„Die Förderung des Klimaschutzes und die damit verbundene Eindämmung der mit dem Klimawandel verbundenen Auswirkungen in den unterschiedlichsten Bereichen müssen mit globaler Weitsicht betrachtet werden. Damit dies gelingt, bedarf es großer Anstrengungen auf allen regionalen Ebenen. Dass Hessen hier einen wesentlichen Beitrag leisten möchte, begrüßen wir sehr.“

K+S AG, a.a.O., S. 52

Die Maßnahmen zum Klimaschutz sollten nicht zu regional werden; dürfen wir vermuten, dass der Staat den Standorten der K+S AG nicht zu nahe kommen soll?

„Zusätzliche kleinteilige und regionale Einsparregularien auf Landesebene erscheinen aus unserer Sicht nicht notwendig, da sie zu erhöhtem Bürokratieaufwand sowie ggf. sogar zu Wettbewerbsnachteilen innerhalb Deutschlands führen können. (…) (Wir) erachten spezifische Vorgaben eines Bundeslandes zusätzlich zur bundeseinheitlichen bzw. EU-einheitlichen Regulierung nicht als zielführend. Überregulierung ist nach Möglichkeit zu vermeiden. § 3 HKlimaG-E sollte daher ersatzlos gestrichen werden.“

K+S AG, a.a.O., S. 53

„… würde zudem dazu führen, dass Emissionen nicht dort vermieden werden, wo es dem Unternehmen (wirtschaftlich) möglich ist, sondern dass Einsparungen vielmehr planwirtschaftlich durch ein Bundesland vorgegeben würden, ungeachtet des Kosten- und Nutzen Verhältnisses in der bundesweiten Standortbetrachtung eines Unternehmens. Diese fehlende Flexibilität für Unternehmen würde Klimaschutz unseres Erachtens betriebswirtschaftlich ineffizient
machen und unternehmerische Entscheidungsspielräume stark einschränken. Im Effekt würde dies wiederum zu Wettbewerbsnachteilen für in Hessen angesiedelte
Unternehmen führen.“

K+S AG, a.a.O., S. 54

Keine Kontrollen, aber staatliche Förderung

Wegen der Sanktionierung der russischen und weißrussischen Konkurrenten agiert die K+S AG auf ihren Märkten nahezu konkurrenzlos und erzielt erhebliche Übergewinne. Dennoch sind staatliche Förderungen willkommen:

„Die Etablierung von Landesförderprogrammen zur Beschleunigung der Transformation für die Rohstoffindustrie begrüßen wir ausdrücklich.“

K+S AG, a.a.O., S. 54

Behördliche Kontrollen sind allerdings nicht erwünscht, deshalb

„(…) erachten wir auch die Einführung eines jährlichen Messens der THG-Emissionen durch die Landesbehörden für nicht notwendig. Ein zusätzliches Monitoring der THG-Emissionen auf Länderebene (§ 9 HKlimaG-E) lehnen wir entsprechend ab.“

K+S AG, a.a.O., S. 54

Die Grundstoffindustrie ist besonders innovationsträge

Für die K+S AG ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie in Gefahr, wenn die Betriebe in umweltfreundliche Technologien investieren sollen. Aber vielleicht ist eher der hier wieder deutlich werdende Unwille zu Investitionen, der zum Problem für die Industrie wird:

„Kritik von Investoren. Europas Konzerne knausern bei klimafreundlichen Technologien. Europas Konzerne unternehmen nicht genug, um die im „Green Deal“ festgelegten EU-Klimaziele zu erreichen. Dabei drängt die Zeit.“

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/europas-konzerne-kausern-bei-klimafreundlichen-technologien-a-06a7407c-7abd-40f8-85bb-cc45f01d9588

Genau das haben wir der K+S AG bereits 2014 vorgeworfen. Die K-UTEC AG hatte damals Verfahrenskombinationen entwickelt, mit denen eine emissionsfreie und energieeffiziente Kaliproduktion möglich gewesen wäre. Der K+S AG wurde vorgerechnet, dass sie mit ihren Abfällen jährlich 550.000 Tonnen an Wertstoffen vernichtet. Um diese Menge an Wertstoffen neu zu gewinnen, müssten jährlich 2 Mio. Tonnen Rohsalze zusätzlich abgebaut, gefördert und aufgearbeitet werden. Das entspricht 10% der jetzigen Jahresfördermenge. Dabei würden zusätzlich 1,5 Mio. Tonnen an Salzabfällen entstehen, die entsorgt werden müssten. Schon dieses Beispiel zeigt, wie ineffizient die K+S-Verfahren sind, sowohl im Hinblick auf die Verschwendung von Ressourcen als auch im Hinblick auf die Nutzung der eingesetzten Energie.

Kein Klimaschutz bei der Produktion von Kalidünger – Potenziale bleiben ungenutzt

Besonders deutlich wurde die Innovationsträgheit der K+S AG, als die General Electric Co. dem Unternehmen 2014 angeboten hatte, eine Aufbereitungsanlage für dessen gesamte Abwässer zu bauen und als Dienstleistung zu betreiben. Dazu sollten die Verfahren der K-UTEC AG eingesetzt und Überschussenergie aus Wind- und Sonnenenergieanlagen der Stadtwerke Union Nordhessen SUN genutzt werden. Damit wäre eine klimaneutrale Kalidünger-Produktion ohne zweifelhaften CO2-Handel möglich gewesen. Die K+S AG hat bis heute alle Vorschläge abgelehnt. Stattdessen will das Unternehmen das Ablagern von Salzrückständen sowie die Verklappung und das Versickernlassen von Abwässern fortsetzen. Hier liegen erhebliche Potenziale zum Klimaschutz brach – ganz im Gegensatz zu den Darstellungen des Unternehmens.


Angaben der K+S AG sollten nach unseren Erfahrungen nicht hingenommen, sondern grundsätzlich überprüft werden.

Die K+S AG und ihre Gutachter hatten die Verfahrensvorschläge der K-UTEC AG 2014 als untauglich zurückgewiesen, sowohl im Hinblick auf die Kosten als auch wegen angeblich zu hohen Energieverbrauchs. Dem haben sich unabhängige Gutachter, wie das Umweltbundesamt und der Aachener Ingenieur Prof. Quicker (RWTH Aachen), nicht angeschlossen. Anlässlich einer Anhörung im Umweltausschuss des Landtages NRW sagte Prof. Quicker:

„Wir kennen ja die Kostenschätzung von Herrn Marx (Vorstandsvorsitzender der K-UTEC AG, Anmerkung des Autors). Sie ist vom Umweltbundesamt inzwischen bestätigt worden. Ich halte die Kostenschätzung von K+S für absolut unrichtig. Sie ist bewusst erhöht. (…) Lassen Sie mich ein Beispiel aus meinem Bereich, der Energietechnik, nennen. K+S hat in seiner Konzeption ein Kraftwerk angesetzt, und zwar meines Wissens ein GuD-Kraftwerk. Ich habe gerade noch einmal im Internet nachgeguckt. Dort gibt es schöne Tabellen zu den Kosten. Sie liegen pro Kilowatt elektrische Leistung deutlich unter 1000 €. K+S hat aber 3000 € angesetzt. Das sind die Kosten für ein Atomkraftwerk. (…) Meines Erachtens ist die gesamte Kostenrechnung von K+S also bewusst um ungefähr den Faktor 3 hochgedreht worden.“

Landtag Nordrhein-Westfalen, Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 34. Sitzung, 19.11.2014, Ausschussprotokoll APr 16/733, hier: Seite 32

Das Umweltbundesamt (UBA) hatte 2014 den von der K-UTEC AG hierfür berechneten Energie- und Investitionsaufwand bestätigt und Rechnungen der K+S AG als überhöht zurückgewiesen. Bezeichnenderweise hatte K+S in einer Presseinformation versucht, die Aussage der UBA-Expertise in ihr Gegenteil zu verwandeln (K+S AG, PM vom 15.09.2014). Das ist nicht unbemerkt geblieben:

„Dass K+S die Empfehlung der UBA-Stellungnahme begrüßt und sich in der Ablehnung einer Eindampfllösung als unrealistische Lösungsvariante bestätigt fühlt, ist an Dreistigkeit nur schwer zu überbieten, (…) Diese PM kann kaum anders als der Versuch verstanden werden, die Öffentlichkeit bewusst zu täuschen, da assoziiert wird, dass es nicht von der Firma zu verantwortende, quasi übergeordnete Gründe für diese Empfehlung gibt, (…) Zudem widerspricht die in dieser PM aufgestellte Behauptung, das Eindampfkonzept sei nicht realisierbar, der Einschätzung des UBA.“

W. Dormann, B. Lange, Die Entsorgung von Kaliindustrieabwässern in die Nordsee, Schriftenreihe der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (Hrsg.), 2015, S. 105

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