Eine praktikable Lösung für die Entsorgungsprobleme des Kaliherstellers K+S war wohl nicht erwünscht

Aktualisiert (15.11.2019): Weitere Kürzung der Produktion, Gewinnwarnung und Kurssturz (1). Trotzdem wäre der Jahresgewinn noch hoch genug, um die von der K-UTEC AG entwickelten Anlagen für eine abstoßfreie Produktion komplett bezahlen zu können.

Hundert Jahre Werraversalzung und hundert Jahre Kaliforschung – warum sich die Qualität der versalzenen Gewässer trotzdem nicht verbessert, Teil II

Die K-UTEC AG in Sondershausen. Im HIntergrund der Förderturm des historischen Petersen-Schachts

von Walter Hölzel

Als die Werra-Weser-Anrainerkonferenz 2007 ihre Arbeit aufgenommen hat, da wurde uns und der Öffentlichkeit von K+S-Vertretern versichert, es gebe keine besseren Verfahren als diejenigen, die das Unternehmen für die Aufbereitung der Kalirohsalze bereits verwendet. Es sei nicht möglich, den Salzabstoß der Kalibetriebe durch andere Verfahren zu vermindern. „Da müssten schon die Naturgesetze geändert werden!“ war die Meinung des damaligen Leiters Forschung und Entwicklung der K+S AG, Prof. Stahl (2).

Die Naturgesetze mussten nicht geändert werden, allenfalls hatten die K+S-Chemiker Anlass, ihre Kenntnisse zu erweitern. Denn die K-UTEC AG, eine international anerkannte Spezialistin für Bergwerks- und Salztechnologie mit Sitz in Sondershausen, hat 2012 ein großtechnisches Verfahren zur Aufarbeitung der wertstoffärmsten K+S-Abwässer vorgelegt. Es ermöglicht eine Gewinn abwerfende Weiterverarbeitung von Haldenlaugen, die nun nicht mehr an die Umwelt abgestoßen werden müssen (3).

Die Ingenieure der K-UTEC AG haben dieses Verfahren weiterentwickelt. Sie konnten schon im Jahre 2013 einen Vorschlag zur Aufarbeitung der gesamten K+S-Abwässer und für die Entsorgung der dann noch verbleibenden und nicht verwertbaren Rückstände vorlegen (4), (5). Die Verfahren würden es der K+S-AG ermöglichen, ihre Produktion in den Werken Werra und Fulda künftig abstoßfrei zu betreiben. Damit würden bislang wiederholt notwendige Produktionsstillstände wegen drohender Überschreitung von Grenzwerten in der Werra der Vergangenheit anbgehören. Zudem hätte das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission rechtssicher beendet werden können.

Aber merkwürdig: K+S schien es nicht wahrhaben zu wollen, dass mit einer Investition in neue Aufbereitungstechnik Rechtskonflikte und Produktionsengpässe vermeidbar sind. Das Unternehmen (und seine Gutachter und weiteren Helfer) schienen sich alle Mühe zu geben, den K-UTEC-Vorschlag als technisch/wirtschaftlich nicht machbar und als klimapolitisch unverantwortbar darzustellen (6), (7), (8).

Diese Einwände haben zahlreiche Gegenstimmen hervorgerufen und spätestens mit der Stellungnahme des Umweltbundesamts ist klar geworden, dass sie als widerlegt und hinfällig angesehen werden können. D.h., dass eine abstoßfreie Kaliproduktion tatsächlich möglich ist (9), (10), (11), (12).

Die K-UTEC-Verfahren sind Stand der Technik

Was ist nun das Besondere an den Verfahren der K-UTEC AG? Zunächst muss festgehalten werden, dass diese nicht in die laufende Produktion eingreifen. Sie setzen dort an, wo für K+S die Verantwortung zu enden scheint, nämlich am Abwasserrohr, bevor dieses in die Werra oder in den Untergrund führt. Sie können auch in alten Produktionsanlagen eingesetzt werden. Wichtig ist auch, dass es keine unerprobten Verfahren sind, deren technische und wirtschaftliche Machbarkeit erst ermittelt werden müsste. Alle Einzelverfahren des K-UTEC-Vorschlags werden bereits in der Kali-Industrie eingesetzt. Sie sind deshalb Stand der Technik; nicht nur im Sinne einer „bestverfügbaren Technik“, sondern sogar im Sinne der täglichen Praxis. Der Versuch, sie als technisch und wirtschaftlich nicht machbar oder als klimapolitisch untragbar darzustellen, musste schon deshalb scheitern.

Gewinnung von Kaliumsulfat – Ein neues profit center statt Abwasserverklappung

Genau genommen waren es sogar drei Verfahrenskombinationen, die K-UTEC zur freien Auswahl vorgeschlagen hat. Eines der Verfahren, welches auch den Sulfatgehalt der Abwässer nutzt und Kaliumsulfatdünger (SOP) produziert, hat uns besonders überzeugt. Die weitere Entwicklung des Kalimarktes hat gezeigt, dass K+S gut beraten wäre, diesen Vorschlag aufzugreifen.

Das Verfahren ist in wirtschaftlicher Hinsicht überaus lukrativ. Es gewinnt 1,22 Mio. Tonnen Wertstoffe aus 6,8 Mio. Kubikmetern der K+S-Abwässer; davon sind 0,55 Mio. Tonnen Kaliumsulfat. Die Summe der Erlöse beträgt 251,5 Mio. Euro und bei Betriebskosten von 150,3 Mio. Euro verbleibt ein jährlicher Betriebsgewinn von 101,3 Mio. Euro (siehe Anmerkung (5), Folien 17 – 22).

Die Investitionskosten werden (je nach Gutachter) mit 500 bis (allerdings weniger plausibel) 800 Mio. Euro angegeben. Das bedeutet, dass sich die Investitionen innerhalb von 5 bis 8 Jahren durch den Verkauf der gewonnenen Wertstoffe amortisieren und für die restliche Laufzeit der Betriebe Gewinne abwerfen. Bei jetzigen Konzerngewinnen von 500 bis 600 Mio. Euro/Jahr könnte eine derartige Aufarbeitung der K+S-Abwässer mit einem zusätzlichen Jahresgewinn von 100 Mio. Euro ein wichtiges Standbein für das Unternehmen werden.

Anlagen für die Gewinnung von Kaliumsulfat hat die K-UTEC AG inzwischen international realisiert, z.B. gemeinsam mit einem deutschen Anlagenbauer in Australien (13).

Die Entwicklung des Kalimarktes bestätigt die K-UTEC-Vorschläge

Die Preispolitik eines Kartells von russischen/weißrussischen und kanadischen Herstellern in den Jahren 2007/2008 hat zu einer Krise des Kalimarktes geführt. Die großen Abnehmer wie China und Brasilien und sogar Schwellenländer haben begonnen, eigene Kalivorkommen zu erschließen. Darunter sind auch Betriebe, die mit modernster K-UTEC-Technik produzieren – natürlich abstoßfrei.

K+S hat sich mit seiner kanadischen Bethune-Mine an diesem Trend der Überproduktion beteiligt. Das hat 2015 erneut zu einem Preisverfall für Kalidünger geführt. Der kanadische Konkurrent Potash Corp. hatte damals der K+S AG ein freundliches Übernahmeangebot gemacht und vorgeschlagen, die Bethune-Mine zunächst nicht zu eröffnen und sich in Deutschland auf die dort zu gewinnenden Spezialitäten wie SOP zu konzentrieren (14), (15), (16). Der CEO der Potash Corp. ist ein deutscher Bergwerksingenieur.

K+S hatte dieses Angebot abgelehnt. Das Unternehmen wurde dabei von fast allen Parteien des Hessischen Landtags unterstützt (17). Nur Die Linke hatte damals vorgeschlagen, die Gelegenheit zu nutzen, der K+S AG entsprechende Modernisierungen nahezulegen und damit wettbewerbsfähig zu machen (18).

Nach der Ablehnung des Übernahmeangebots hatte sich der Börsenwert der K+S AG schlagartig halbiert. Bis heute hat sich das Unternehmen nicht von den Folgen seiner damaligen Entscheidung erholen können.

Aktuell fahren die Kalihersteller international mit einer Auslastung von 80%, um die Preise stabil zu halten. Das senkt aber die Umsätze und verteuert die Produktionskosten pro Tonne Dünger (19). K+S hatte angekündigt, die Produktion im Jahre 2019 um 300.000 Tonnen Kaliumchlorid zu kürzen. Jetzt musste das Unternehmen nachlegen und die Produktion um weitere 200.000 Tonnen verringern (20). Die Aktie stürzte auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren (21).

Kaliumsulfatdünger ist nicht von Überproduktion und Preisverfall betroffen

Kaliumsulfat (SOP) ist als Spezialdünger nicht von Überproduktion und Preisverfall betroffen, ganz im Gegenteil, SOP ist begehrt und der steigende Bedarf kann bislang nicht gedeckt werden. Die K+S AG hat sogar Unternehmen gekauft, die Kaliumsulfat synthetisch herstellen – statt das Kaliumsulfat aus den eigenen Abwässern zu gewinnen. Im Jahre 2013 hat die K-UTEC AG ihre Anlage mit einem SOP-Preis von 250 US$ kalkuliert; dieser Preis hat sich inzwischen mehr als verdoppelt. Die Anlage wird immer lukrativer.

Wie Sie wissen, hat die K+S AG die Vorschläge aus Sondershausen bislang nicht aufgegriffen. Stattdessen hat das Unternehmen 2018 eine so genannte „Kainit-Kristallisations-Flotations-Anlage“ (KKF-Anlage) in Betrieb genommen, die allerdings mit der K-UTEC-Anlage nicht mithalten kann. Sie verarbeitet nur 3 der insgesamt 7 Mio. cbm Abwässer/Jahr und erzeugt ihrerseits wieder ca. 2,2 Mio. cbm Abwässer/Jahr. Sie kann aus dem Abwasser nur die Hälfte der enthaltenen Wertstoffe gewinnen und verwerten und auch nur einen kleinen Teil des Sulfats. K+S scheint mit dem „Eigengewächs“ der KKF-Anlage nicht nur die technische Entwicklung verfehlt, sondern auch am Markt vorbei investiert zu haben.

Abstoßfreie Produktion durch Verfestigung und Versatz der Reststoffe

Als Reststoff des K-UTEC-Verfahrens, der bislang nicht verwertet werden kann, verbleibt eine konzentrierte Magnesiumchloridlösung. K-UTEC schlägt vor, sie weiter einzudampfen, bis eine Konzentration von 430 g MgCl2/Liter erreicht ist und sie dann durch Versatz nach unter Tage zu beseitigen. Um chemische Reaktionen mit dem Ortsgestein und damit eine Gefährdung der Bergsicherheit zu vermeiden, sollte sie vor dem Versatz verfestigt werden. Dazu sind Zuschlagstoffe wie Branntkalk oder Zement geeignet. Das Gemisch verfestigt sich nicht sofort und kann deshalb problemlos und kostengünstig an den Versatzort gepumpt werden. Auch hier kann die K-UTEC AG auf Praxiserfahrungen zurückgreifen. Nach der Verfestigung übernehmen die verfüllten Strecken eine Funktion bei der Wiederherstellung der Bergsicherheit.

Anmerkungen:

(1) https://de.reuters.com/article/deutschland-k-s-idDEKBN1XO1ED

(2) so bei einer Sitzung des Runden Tisches bei einer Sitzung des Runden Tisches am 23.05.2008

(3) siehe Teil I dieser Reihe:

(4) https://ia601505.us.archive.org/2/items/praesmarx_201911/Praes_Marx.pdf

(5) Marx et al, K-UTEC AG, „Überlegungen zur Aufbereitung der Abstoßlösungen des Werkes Werra“, 21.01.2014. Der Hinweis „Vorbereitete, aber nicht vorgestellte Präsentation“ auf der ersten Folie bezieht sich darauf, dass der Vorsitzenden des Runden Tisches, Prof. Brinckmann, dem Vorstandsvorsitzenden der K-UTEC AG nicht gestattet hatte, seinen Vorschlag vorzutragen. https://archive.org/details/k-utec-januar-2014-1/mode/2up

(6) Waldmann et al., K+S-Gruppe, „Plausibilitätsprüfung der Projektidee: Eindampfen von 6,8 Mio. m3 Salzwässern/Produktion von Kaliumsulfat“, 17.01.2014

(7) Brinckmann et al., Runder Tisch, „Abwasserfreie Kaliproduktion – Realität oder Utopie?“, 13.06.2014

(8) Rauche, Ercosplan, „Stand der Technik bei der Gewinnung und Aufbereitung von Kalirohsalzen und natürlichen Lösungen zu Kalidüngemitteln sowie bei der Entsorgung der dabei anfallenden Rückstände“, 06.03.2013 https://ia601504.us.archive.org/0/items/rauche2013/Rauche%202013.pdf

9) K-UTEC AG, „Stellungnahme zur Presseinformation der K+S AG zur ’23. Sitzung des Runden Tisches in Heringen/Werra‘ vom 21. Januar 2014“, 24.01.2014 https://ia601501.us.archive.org/8/items/kutecjanuar20142_201911/K-UTEC%20Januar%202014%202.pdf

(10) K-UTEC AG, Stellungnahme zur Präsentation „Plausibilitätsprüfung der Projektidee: Eindampfen von 6,8 Mio. m3 Salzwässern/Produktion von Kaliumsulfat“, 17.01.2014

(11) Krupp, „Memorandum – Wege zu einer umweltverträgliuchen Kaliindustrie“, 14.07.2014 https://ia601503.us.archive.org/24/items/kruppmemorandumkalibergbau/Krupp_Memorandum_Kalibergbau.pdf

(12) Umweltbundesamt, „Stellungnahme: Versalzung von Werra und Weser – Beseitigung der Abwässer aus der Kaliproduktion mittels Eindampflösung“, Oktober 2014 https://ia601400.us.archive.org/1/items/20141015ubastellungnahme/2014%2010%2015%20UBA%20Stellungnahme.pdf

(13) „Erste Düngemittelpeoduktion Australiens – Millionenprojekt für Eiterfelder Firma Ebner und Thüringer Partner K-UTEC“ https://www.k-utec.de/fileadmin/redakteur/News/Dokumente/20190817-TZ-Seite_4-Fuldaer_Zeitung.pdf

(14) Rockwell Research Ltd., „Hitziger Konkurrenzkampf mit neuem Minenplan von Western Potash“, 02.07.2015

(15) Rockwell Research Ltd., „Siegwette, Platzwette oder Zweierwette im Kali-Markt?“, 09.02.2015

(16) Rockwell Research Ltd., „Aktionärsabstimmung: Es ist zeit, füt Western Potash zu stimmen“, 30.07.2015

(17) „K+S AG als selbständiges Unternehmen mit Sitz in Hessen erhalten – Arbeitsplätze sichern und Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie herbeiführen, Drs. 19/2204, 14.07.2015 https://ia601502.us.archive.org/9/items/ant150715xcdugrunekserhalten192204/ANT_150715x_CDU_Gr%C3%BCne_K%2BS%20erhalten_19_2204.pdf

(18) „Antrag der Fraktion Die Ljnke betreffend Erhalt der Kaliförderung im hessische-thüringischen Kalirevier“, Drucksache 19/2212, 14.07.2015 https://ia601402.us.archive.org/24/items/ant150714cdielinkeerhaltderkaliforderung191/ANT_150714c_DIE%20LINKE_Erhalt%20der%20Kalif%C3%B6rderung_19_-1.pdf

(19) https://seekingalpha.com/article/4304197-k-s-hard-will-potash-downcycle-bite

(20) https://de.reuters.com/article/deutschland-k-s-idDEKBN1XO1ED

(21) https://www.boerse-online.de/nachrichten/aktien/k+s-aktie-stuerzt-auf-den-tiefsten-stand-seit-mehr-als-einem-jahrzehnt-was-ist-das-los-1028688995


Beitrag veröffentlicht

in

, , ,

von

Schlagwörter: