Neue Herausforderung für „informelle Netzwerke“

Das EU-Parlament hat ein neues Gesetz zur Renaturierung verabschiedet. Bis 2030 soll der Zustand von mindestens 30 Prozent der Land-, Küsten-, Süßwasser- und Meeresökosysteme, die sich derzeit in einem schlechten Zustand befinden, verbessert werden. Bis 2040 sollen Wiederherstellungsmaßnahmen für mindestens 60 Prozent und bis 2050 für mindestens 90 Prozent der einzelnen Lebensräume durchgeführt werden, die sich in einem schlechtem Zustand befinden.

Interessierte Kreise haben jedoch in den Verhandlungen deutliche Lockerungen erreicht. Landwirte, Forstbesitzer, ländliche Gemeinden und Vertreter erneuerbarer Energien sind von der Verpflichtung ausgenommen – also fast jeder.

Die Wasserrahmenrichtlinie der EU hat Missbrauch ermöglicht

Es besteht jedoch Hoffnung für die Flüsse, denn sie gehören, mit Ausnahme der Wasserkraftwerksbesitzer, nicht den genannten Akteuren, die von den Ausnahmeregelungen profitieren können. Eigentlich sollte schon die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die im Jahr 2000 in Kraft getreten ist, die Qualität der Oberflächengewässer und des Grundwassers verbessern. Die Richtlinie hat sich jedoch als untauglich erwiesen, weil die Verursacher in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Wege gefunden haben, die Richtlinie zu umgehen und weil die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission bei der Rechtsdurchsetzung versagt hat.

Das Beispiel der Werra illustriert schon deutlich genug die Nicht-Umsetzung der Richtlinie. Seit dem Jahr 2000 hat sich die ökologische Qualität des Flusses in ihrem salzbelasteten Teil überhaupt nicht verbessert. Desinformationskampagnen des Verursachers und der zuständigen Behörden behaupten zwar etwas anderes, allerdings ohne jegliche wissenschaftliche Grundlage. Tatsächlich sieht der Vierphasenplan, den die hessische Landesregierung mit der K+S AG vereinbart hat, keine qualitative Verbesserung der Werra vor – bis zur Einstellung des Kalibergbaus. Auch für das Jahr 2075 und darüber hinaus wird nämlich keine qualitative Verbesserung angestrebt.

Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Meiningen wissen wir, dass der K+S AG seit dem Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes in den 1970er Jahren ausschließlich rechtswidrige Genehmigungen erteilt wurden, „Informelle Netzwerke“ des Verursachers haben dies ermöglicht und durchgesetzt.

Wer sind die K+S-Netzwerker?

In der Verfügung der Staatsanwaltschaft Meiningen werden die Täter mit Namenskürzeln benannt, sie sind also für die interessierte Öffentlichkeit nicht erkennbar. Einige besonders hochrangige Netzwerker scheinen sich dennoch selbst erkannt zu haben, sie kämpfen vor dem Landgericht Meiningen dagegen, dass die Ermittlungsakten in weiteren Verfahren eingebracht werden.

Die beteiligten Institutionen zumindest sind aber bekannt: Mitarbeiter und beauftragte Rechtsanwälte der K+S AG, leitende Beamte des Regierungspräsidiums Kassel und des hessischen Umweltministeriums.

Worum ging es? Wir haben auf Salzblog darüber berichtet:

Dienstaufsichtsbeschwerde

Fast drei Jahre, nachdem wir die Strafanzeige gegen den Regierungspräsidenten erstattet hatten, teilt uns die Staatsanwaltschaft Kassel als Ergebnis einer „Voruntersuchung“ mit, dass kein Strafverfahren gegen den Regierungspräsidenten eröffnet wird.

„Gegenstand der Strafanzeigen war das Nichteinschreiten (Rücknahme/Widerruf oder vorläufige Anordnung der Einstellung der Versenkung von Salzabwasser, nach dem die Kenntnis bestand, dass von Anfang an die Salzabwasserversenkung gegen Recht und Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland verstößt. In Literatur und Rechtsprechung ist es praktisch unstreitig, dass sich der Amtsträger durch Unterlassen strafbar machen kann.“

In seiner Begründung stützt sich die Behörde ausschließlich auf die Argumentation der K+S AG, also des Unternehmens, das von der Erteilung einer rechtswidrigen Genehmigung profitiert hat.

Die Entscheidung überrascht uns nicht wirklich. Schon 2008 hatte RA Prof. Breuer für die Klagegemeinschaft der Werra-Weser-Anrainer die K+S AG wegen Gewässerverunreinigung angezeigt. Das Unternehmen leitete seine Haldenlaugen aus Neuhof-Ellers in die Werra, obwohl es keine betriebsspezifische Genehmigung dafür gab. Der Generalstaatsanwalt hat diese Verfahren übernommen und „angehalten“, und darauf hingewiesen, dass ein „Runder Tisch“ geplant sei, um eine Lösung für das Problem zu finden. Nachdem der „Runde Tisch“ ohne Lösung eines Problems beendet wurde, hat der Generalstaatsanwalt das Verfahren eingestellt, wodurch er zumindest das Problem der Strafanzeige gelöst hat. K+S durfte weiterhin den Untergrund und die Flüsse Werra und Weser versalzen und konnte sich dabei auf rechtswidrige Erlaubnisse berufen.

Wir werden daher eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens einreichen.


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