Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat den Landkreis Hildesheim angewiesen, Plänen des Kaliherstellers K+S zuzustimmen.

Der Kalihersteller K+S möchte ein stillgelegtes Bergwerk bei Hildesheim, die Grube Siegfried, wieder öffnen und dazu Salzrückstände in der Landschaft ablagern. Der zuständige Landkreis Hildesheim hat Bedenken, weil die Haldenlaugen das Grundwasser und die Oberflächengewässer bedrohen. Der Kreistag möchte weitere Informationen von der Bergbehörde und von K+S haben, bevor er an eine Zustimmung denken könne.
von Walter Hölzel
Die Abgeordneten des Kreistags können auf einschlägige (und schlechte) Erfahrungen von Haldenanliegern mit K+S-Halden in Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen zurückgreifen. In Spanien hat die EU-Kommission erreicht, dass der dortige Kalihersteller Iberpotash die Salzaufhaldung beenden und und seine Rückstandshalden zurückbauen muss, weil sie „schädlich für die Umwelt und die menschliche Gesundheit“ sind. Die Rechtsgrundlage für diese Anweisung gilt übrigens auch in Deutschland, K+S scheint dies aber noch nicht bemerkt zu haben. Dasselbe scheint für den niedersächsischen Umweltminister zu gelten. In seiner Ungeduld hat er den Landkreis Hildesheim angewiesen, den Plänen des Kaliherstellers binnen zwei Wochen zuzustimmen, damit er K+S die gewünschte Genehmigung noch 2018 geben kann. Wir müssen nicht mehr lange überlegen, mit wessen Stimme der Umweltminister hier spricht.
In Hessen wundert sich darüber niemand mehr
Wenn erst einmal eine Halde da ist, dann scheint es für K+S kein Halten mehr zu geben. In Hessen ist erst kürzlich eine weitere Haldenerweiterung erlaubt worden, K+S bereitet schon die nächsten Anträge vor. Es ist auch durchaus üblich, dass Minister untergeordneten Behörden Anweisungen erteilen. Der hessischen Umweltministerin Priska Hinz (B’90/Die Grünen) ist es zu verdanken, dass die zögernde Genehmigungsbehörde in Kassel dem Unternehmen die Fortsetzung der Verpressung von Abfalllaugen in den Untergrund gestattet hat. Fachbehörden aus Hessen und Thüringen hatten davor gewarnt, weil die Laugenverpressung das Grundwasser und das Trinkwasser mit Abfallstoffen belastet. Auch ein einschlägiges Urteil des EuGH vom Sommer 2015 konnte die Ministerin nicht bremsen. In Hessen wundert sich darüber niemand mehr.
Der „blinde König“ lässt grüßen
In Hildesheim liegen die Dinge aber doch etwas anders. Der Kreistag hatte die Angelegenheit nämlich an sich gezogen, einfach deshalb, weil er auch allein darüber zu bestimmen hat. Umweltminister Lies hat somit de facto versucht, einem gewählten Parlament Anweisungen zu erteilen. Wenn man einmal vom Nationalsozialismus absieht, könnte dies der erste Versuch sein, den Parlamentarismus zu beeinflussen, seit Georg V, letzter König von Hannover und „der Blinde“ genannt, 1855 die Verfassung von 1848 aufgehoben und versucht hatte, die absolutistische Monarchie wieder einzuführen. Das Wirken des „blinden Königs“ endete übrigens in der Verbannung und mit der Beschlagnahme seines Vermögens. Das wünschen wir Herrn Lies natürlich nicht.
Kein Wunder also, dass der CDU-Fraktionschef im Kreistag, Friedhelm Prior, dem Minister kühl mit dem Hinweis auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit antworten konnte. Im Kreistag Celle haben die Grünen den Antrag eingebracht, der Kreistag möge Entscheidungen über die Erteilung des Einvernehmens nach § 19 Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ebenfalls an sich ziehen. Mal sehen, ob dies ein Antrag zur Sache oder für das Schaufenster war.
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