Förderjubiläum

Es handelt sich um ein Jubiläum der besonderen Art: Allein aus dem Hattorf-Wintershall-Schacht des K+S-Kaliwerks Werra in Osthessen wurden seit 1903 mehr als 800 Millionen Tonnen Salzabfälle in die Umwelt abgegeben. Würde man die Gesamtmenge in Schüttgutwaggons verladen, würde der Zug sechsmal um den Äquator reichen.

Eine Milliarde Tonnen: K+S-Kaliwerk Werra feiert Förderjubiläum https://www.osthessen-zeitung.de/einzelansicht/news/2024/januar/eine-milliarde-tonnen-k-s-kaliwerk-werra-feiert-foerderjubilaeum.html

Die K+S AG feiert sich für dieses Jubiläum, aber was haben wir von den Abfällen des Unternehmens?

  • ein vernichtetes Süßwasser-Ökosystem im salzbelasteten Teil der Werra
  • versalzenes Grundwasser und vernichtete Trinkwasser-Reserven im Werra-Fuldarevier sowie im Uferfiltrat von Werra und Weser bis nach Bremen
  • Rückstandshalden, die sich noch einmal verdoppeln sollen und die nicht nur wegen der Salzabfälle, sondern auch wegen der darin enthaltenen Produktionshilfstoffe besonders problematisch sind.

Veraltete Technik blockiert die Entsorgungswege

Dies sind nicht etwa unvermeidbare Folgen der Kali-Produktion. Der Stand der Technik erlaubt sogar eine Kali-Produktion, die keine Abfälle in die Umwelt abgeben muss. Der Kali-Hersteller hat sich jedoch geweigert, in notwendige Technologien zu investieren, und verlässt sich stattdessen auf jahrzehntealte und umweltschädliche Technik. Seine modernste Technologie, die Elektrostatische Abscheidung (ESTA), stammt aus den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Sie hat den Salzabstoß der K+S AG nicht reduziert, sondern hat die vermehrte Anhäufung von Salzrückständen erforderlich gemacht. Die dort entstehenden Haldenlaugen haben so stark zugenommen, dass sie jetzt die Möglichkeit blockieren, Produktionsabwässer in die Werra zu leiten.

Auch die KKF-Anlage, für die das Unternehmen sich überschwänglich selbst lobt, hat kein Problem gelöst. Sie produziert selbst so viel Salzabfall, dass im Jahr ihrer Inbetriebnahme die Produktion gedrosselt werden musste. Inzwischen müssen die dort anfallenden Abwässer in weit entfernte Bergwerke transportiert werden, weil im Werra-Revier keine Entsorgungsmöglichkeit mehr vorhanden ist.

Das soll er uns einmal nachweisen

Deshalb ist Werkleiter Kübler auch nicht glaubwürdig, wenn er sagt: „Wir haben allein in den letzten 15 Jahren rund eine Milliarde Euro in Umweltmaßnahmen investiert“. Wir wissen nicht, wofür das Unternehmen „rund eine Milliarde Euro“ ausgegeben haben will, einen Effekt auf „die Umwelt“ können wir jedenfalls nicht feststellen.

Das können wir an der Wasserqualität direkt ablesen. Nach Inkrafttreten der europäischen Wasserrahmenrichtlinie wurde der salzbelastete Teil der Werra in die schlechteste Qualitätsstufe eingestuft. Daran hat sich in den letzten 24 Jahren nichts geändert. Der „Vierjahresplan“, den das Unternehmen 2014 mit der Hessischen Umweltministerin vereinbart hatte, zeigt vielmehr, dass eine qualitative Verbesserung der Werra auch bis 2075 nicht beabsichtigt ist und auch nicht zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt.

Milliardeninvestitionen ohne erkennbares Ergebnis? Wer sich das leisten kann, der könnte doch auch etwas Sinnvolles mit seinem Geld anfangen?

Rückstandshalden – Profit Center und Altlast mit gesteigertem Risiko

Wer giftige Abfälle entsorgen muss oder wer sogar damit Geld verdient, lebt mit einem erhöhten Risiko. Aber dafür gibt es längst erprobte Lösungen:

In Dänemark gibt es ein Unternehmen, „das hier an einer hügeligen Lehmgrube sein Geschäft mit der Einlagerung von 3,5 Millionen Kubikmetern belastetem Erdreich gemacht hat“.

Wer bezahlt für die Drecklawine? https://www.fr.de/wirtschaft/wer-zahlt-fuer-die-drecklawine-92793420.html

Nach anhaltendem Regen kann es vorkommen, dass der giftige Boden sich in toxischen Schlamm verwandelt und sich bewegt. In Dänemark bewegt sich dieser Giftschlamm mit einer Rate von neun Metern pro Tag auf ein Dorf zu. Das Betreiberunternehmen? Ist bankrott gegangen. Das Dorf? Lebt mit dem Risiko. Wer zahlt? Der Staat.


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