So einfach geht das nicht, Herr Lohr

K+S nimmt Stellung zu der Berichterstattung über rechtswidrig erlangte Erlaubnisse und prüft „die Fakten“

Als Reaktion auf den Leserbrief „Verantwortlich und straffrei“ von Friedhilde Scholl in der Frankfurter Rundschau vom 25. Mai 2021 hat die K+S AG eine Stellungnahme des Vorstandsvorsitzenden Burckhardt Lohr veröffentlicht. Nach Überprüfung der als „Fakten“ dargestellten Aussagen sind wir der Meinung, dass es sich lohnen könnte, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Die Akteneinsicht wird Aufschluss geben über das Ausmaß rechtswidrigen Handelns und auch darüber, welche Personen daran beteiligt waren.

Faktencheck

Stellungnahme LohrKommentar Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.
„Kassel, 27. Mai 2021
Stellungnahme
zum Leserbrief „Verantwortlich und straffrei“ von Friedhilde Scholl in der Frankfurter Rundschau vom 25. Mai 2021 sowie zur medialen Berichterstattung über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Meinungen gegen Vertreter von K+S.“
Welch eine Anerkennung für Frau Scholl, hier kommentiert zu werden!
Allerdings ging es in der „medialen Berichterstattung“ weniger um die Einstellung des Verfahrens, sondern vielmehr um den von der Staatsanwaltschaft Meiningen ermittelten Tatbestand , dass die K+S AG rechtswidrig an Erlaubnisse für ihre Abfallentsorgung gelangt ist. Das Verfahren ist auch nicht etwa eingestellt worden, weil keine strafbaren Handlungen ermittelt werden konnten. Vielmehr bietet unser Rechtssystem offenbar die Möglichkeit, sich mit geschicktem kollusivem Verhalten der Verantwortung zu entziehen.
Genau das hat Frau Scholl in ihrem Leserbrief zum Ausdruck gebracht.
„Eine Errungenschaft der heutigen Gesellschaft ist es, dass nicht derjenige Recht hat oder Recht bekommt, der am lautesten schreit oder die abwegigsten Behauptungen aufstellt. Vielmehr haben Gerichte die Aufgabe, im Konfliktfall anhand der vorliegenden Fakten objektiv, sachlich und losgelöst von Emotionen oder anderen Beweggründen zu entscheiden. „Diese Ansammlung von Plattitüden verdient eigentlich keinen Kommentar.
Aber täuschen Sie sich nicht hinsichtlich der diffamierenden Qualität dieses Abschnitts: Herr Lohr gibt nämlich vor, Menschen zu kennen, die „am lautesten“ schreien und „abwegigste Behauptungen“ aufstellen, weil sie sich nicht von ihren „Emotionen“ lösen oder aus „anderen Beweggründen„. Er nennt aber weder die gemeinten Personen noch versucht er, seine Behauptungen mit überprüfbaren Fakten zu hinterlegen.
So entsteht der Eindruck. dass Herr Lohr Kritiker pauschal diffamieren möchte, obwohl er seine Behauptungen nicht belegen kann.
„Das gilt nicht nur zwischen Einzelpersonen, sondern auch im Umgang mit Unternehmen, die sich an Recht und Gesetz halten müssen. Selbstverständlich gilt das auch für ein Unternehmen wie K+S und es spiegelt auch unser Selbstverständnis wider. Entgegen mancher Darstellung, die in jüngster Zeit öffentlich zu lesen war, ist K+S kein Unternehmen, das Schwerverbrecher beschäftigt. Hier arbeiten Mütter und Väter deren Ziel es ist, hochwertige Düngemittel zur Ernährung sowie unverzichtbare Produkte für die medizinische Versorgung der Menschen bereit zu stellen. Auch uns ist selbstverständlich ein nachhaltiger Umgang mit der Umwelt wichtig.“Um es klar zu sagen: uns ist nicht bekannt, dass die K+S AG „Schwerverbrecher beschäftigt“. Herr Lohr hätte es eigentlich nicht nötig, eine solche Behauptung mit großer Geste von sich zu weisen.
Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Meiningen geht nämlich nur hervor, dass Mitarbeiter der K+S AG gemeinsam mit Mitarbeitern des Umweltministeriums und des RP Kassel und in kollusiver Weise Erlaubnisse erwirkt haben, die rechtlich und fachlich nicht genehmigungsfähig waren.
Das sind keine Schwerverbrechen, aber doch Straftaten. Ob sie tatsächlich ungesühnt bleiben, ist abzuwarten. Wir arbeiten daran.
Behauptungen Einzelner als Tatsachen in der Öffentlichkeit dargestellt werden, die keine Tatsachen sind. So geschehen im Falle der im April 2021 eingestellten Ermittlungen eines ehemaligen Staatsanwalts aus Thüringen. In seinem mehrjährig andauernden Ermittlungsverfahren wurden Vertreter von Behörden, Ministerien und K+S fälschlich dem Vorwurf ungesetzlichen Handelns bei der Entsorgung von Salzabwässern aus der Kaliproduktion ausgesetzt. Unter anderem stellte der Staatsanwalt die Behauptung auf, dass Vertreter von K+S auf Behördenmitarbeiter Druck ausgeübt und Messwerte gezielt verfälscht hätten, um von den Genehmigungsbehörden in Hessen und Thüringen wasserrechtliche Erlaubnisse zur Entsorgung von Salzabwässern zu erhalten. Diese Unterstellungen sind aus der Luft gegriffen und in keiner Weise durch Fakten gedeckt.“ Hier gibt es allzuviel richtig zu stellen, denn Herr Lohr weist wieder Behauptungen als falsch zurück, die niemand aufgestellt hat: Behörden und Ministerien leiten selbst kein Abwasser in die Werra, man kann ihnen deshalb nicht vorwerfen, dies ungesetzlich getan zu haben. Auch die K+S AG handelt nicht ungesetzlich, wenn sie sich auf bestandskräftige Genehmigungen berufen kann. „Diese Unterstellungen sind aus der Luft gegriffen und in keiner Weise durch Fakten gedeckt.“ – dieser Satz wendet sich nun gegen Herrn Lohr selbst.
Ungesetzlich ist nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nur die Art und Weise, in der diese Genehmigungen zustande gekommen sind.
Die Staatsanwaltschaft behauptet auch nicht, es seien „Messwerte gezielt verfälscht“ worden. Tatsächlich haben die Ermittlungen ergeben, dass Gutachten verfälscht worden sind, um nicht erlaubnisfähige Genehmigungen trotz entgegenstehender Tatsachen erteilen zu können. Das geht über die Fälschung von Wesswerten weit hinaus.
Dass K+S auf Kritiker Druck ausübt, halten wir für höchstplausibel, die Werra-Weser-Anrainerkonferenz hatte schon mehrfach dieses zweifelhafte Vergnügen.
Übrigens: dass ein Staatsanwalt jetzt in einem Ministerium arbeitet und dass er deshalb ein „ehemaliger Staatsanwalt“ ist, spricht eigentlich nicht gegen ihn, oder?
„Nachdem bereits 2016 die Eröffnung eines Hauptverfahrens vom Landgericht Meiningen abgelehnt und vom Oberlandesgericht Jena bestätigt worden war, haben jetzt die haltlosen Ermittlungen, die insgesamt seit zwölf Jahren von der Staatsanwaltschaft Meiningen mit viel Aufwand geführt worden waren, endlich ein Ende gefunden. Und zwar mit einer Einstellung des Verfahrens ohne Anklageerhebung. Nach wie vor gilt deshalb, dass kein Gericht jemals die Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigungen aus Hessen und Thüringen festgestellt hat. Kein K+S-Mitarbeiter wurde wegen Fehlverhalten verurteilt, nicht einmal Anklagen diesbezüglich wurden von Gerichten zugelassen. Und dies liegt schlicht und einfach daran, dass es dieses behauptete Verhalten nie gegeben hat.“Hier täuscht Herr Lohr den Leser in besonders auffälliger Weise hinsichtlich der behaupteten Tatsachen und HIntergründe.
Das Landgericht Meiningen hatte 2016 ein Verfahren eingestellt, weil die dort erhobenen Vorwürfe inzwischen verjährt waren. Es ging dabei ausschließlich um die in Thüringen auftretenden Folgen der Laugenverpressung. Die im April 2021 bekannt gewordene Rechtswidrigkeit der Erlaubnis zur Einleitung von Abwässern in die Werra war nicht Gegenstand des eingestellten Verfahrens. Es ist also billig zu behaupten, dass „kein K+S-Mitarbeiter wegen Fehlverhalten verurteilt“ wurde. Wir arbeiten daran, dass dies nicht so bleibt.
„Mit Blick auf den nicht nachvollziehbaren Ermittlungsansatz des Staatsanwalts hatte übrigens bereits das Thüringer Oberlandesgericht Jena am 5. Mai 2017 festgestellt, dass es sich „nicht des Eindrucks erwehren (kann), dass mit dem vorliegenden Verfahren … strafrechtsfremde Zwecke verfolgt werden.“Dieses Zitat hat K+S schon 2017 mehrfach verwendet.
Der „nicht nachvollziehbare Ermittlungsansatz des Staatsanwalts“ ist eine unbewiesene Wertung des Unternehmens K+S, die hier dem OLG Jena untergeschoben wird.
Und nicht vergessen: Herr Lohr argumentiert hier mit einem Verfahren, das sich nicht auf die hier angesprochenen Vorwürfe bezieht.
„Dies sind die Fakten. Und sie bleiben es auch, selbst wenn Verschwörungstheoretiker oder unternehmenskritische Personen versuchen, diese in der Öffentlichkeit umzudeuten.“Es ist tatsächlich problematisch, wenn „Behauptungen Einzelner als Tatsachen in der Öffentlichkeit dargestellt werden, diekeine Tatsachen sind“. Das kann (und sollte!) Herr Lohr durchaus auf sich beziehen. Er hat es in seiner Stellungnahme vollständig unterlassen, seine Behauptungen so weit zu begründen, dass man von Fakten sprechen könnte. Er ist es also selbst, der die Fakten der Untersuchungsergebnisse „in der Öffentlichkeit umzudeuten“ versucht.
Die nicht bewiesene, aber modische Diffamierung „Verschwörungstheoretiker“ kann in einer Stellungnahme dieser Qualität nicht fehlen.

Zusammenfassung

Herr Lohr muss sich viel Mühe geben, um seine Stellungnahme dem (unbedarften) Leser plausibel erscheinen zu lassen. Falsche und unvollständige Tatsachendarstellung, falsche und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, Diffamierung und Herabsetzung gehören in die unterste Schublade der unfairen Rhetorik.


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