Kalihalden: Das Entsorgungskonzept der K+S AG hat sich wieder einmal festgefahren. Für die geplante Einstapelung der K+S-Abwässer in die Grube Springen hat das Unternehmen die Sicherheit der Untertagedeponie Herfa-Neurode bisher nicht nachweisen können. Andererseits wird die für K+S finanziell interessante Abdeckung der Rückstandshalden mit anderen Abfällen bundesweit von den betroffenen Anrainern bekämpft. Jetzt versucht das hessische Umweltministerium Einsicht und Gesprächsbereitschaft vorzutäuschen. Wäre dies ernst gemeint, dann könnte das Ministerium auf Falschdarstellungen verzichten. Leider ist das wieder einmal nicht der Fall.
Stattdessen versucht das Ministerium, sich hinter den Entscheidungen der Flussanrainer in der Flussgebietsgemeinschaft (FGG Weser) sowie hinter dem Abfallrecht und dem Bergrecht zu verstecken. Das kann man leicht auf Stichhaltigkeit überprüfen.
Abfallrecht: Zuerst an die eigene Nase fassen
Eine Ministeriumssprecherin verteidigt die geplante „Dickschichtabdeckung“ der Salzhalden mit belastetem Bauschutt aus abfallrechtlicher Sicht. Das Abfallrecht schreibe vor, diese Abfälle vorrangig zu verwerten:
„Sofern sich die Ziele der Haldenabdeckungen mit einer Verwertung mineralischer Abfälle erreichen lassen, die hier natürliche Primärressourcen sinnvoll ersetzen können, ist das aus abfall- und ressourcenpolitischer Sicht grundsätzlich zu begrüßen.“
Ira Spriestersbach, Umweltministerium, zitiert nach: Fuldaer Zeitung vom 14.03.2023
Die Ministeriumssprecherin vermeidet hier zu erwähnen, dass die abfallrechtliche Reihenfolge „Vermeidung/Verminderung vor Verwertung vor Beseitigung“ zunächst einmal auf die Salzabfälle der K+S AG angewendet werden müsste. Dass dies nicht geschehen ist, lässt sich mit der „Verwertung“ ganz anderer Abfälle nicht rechtfertigen.
Dabei ist ein gesetzeskonformer Umgang mit den Abfällen der Kali-Industrie unproblematisch, die Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit aller hier erforderlicher Verfahren ist längst nachgewiesen und Stand der Technik. Ebenso ist es möglich und rechtlich erforderlich, die Kalihalden zurückzubauen und zu versetzen:
- Die oberirdische Aufhaldung der festen Salzabfälle und die daraus folgenden Haldenlaugen lassen sich vermeiden, wenn man die Rohsalze bereits unter Tage aufarbeitet und die Rückstände auch dort versetzt. Der Salzabstoß über die flüssigen Produktionsabfälle lässt sich vermindern, indem man besser geeignete Aufbereitungsverfahren einsetzt.
- Die festen Salzabfälle kann man verwerten, indem man sie in untertägige Hohlräume einbaut („versetzt“). Damit können Bergsenkungen vermindert und Bergschläge verhindert werden.
- Der Versatz der Salzabfälle ist gleichzeitig die einzige gesetzeskonforme Art ihrer Beseitigung. Als Abfälle der Kategorie 4 müssen sie nämlich in einer Deponie derselben Klasse untergebracht werden. Das sind: Salzbergwerke.
Bergrecht hebt das Abfallrecht nicht auf, aber es muss angewendet werden
Das Bergrecht ermöglicht es zwar, den Betrieben auch die oberirdische Ablagerung ihrer Abfälle zu gestatten, aber auch hier gilt das Abfallrecht. Im Falle der Salzabfälle der K+S AG bedeutet dies: Die oberirdische Ablagerung muss denselben Sicherheitsstatus aufweisen wie die Beseitigung in einem Salzbergwerk. Das ist bei den K+S-Rückstandshalden nicht erreicht und noch einmal angestrebt worden. Die dort anfallenden Salzlaugen verhindern die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, sie sind deshalb nicht nur ein Umwelt-, sondern auch ein rechtliches Problem für das Unternehmen.
Nicht nur das Abfallrecht wird mit Verweis auf das Bergrecht missachtet, dasselbe gilt im Falle der Rückstandshalden auch für das Bergrecht selbst. Hier sind besonders die Vorgaben des Lagerstättenschutzes und des Bodenschutzes zu nennen.
Das Bergrecht soll die Lagerstätten vor Raubbau schützen:
„Beim Raubbau werden nur die wertvollsten und produktivsten Teile einer Lagerstätte abgebaut. Außerdem beschränkt man sich beim Raubbau auf die am leichtesten zu gewinnenden Lagerstättenteile. Das hat zur Folge, dass die Lagerstätte nur unvollständig ausgebeutet wird. Dies führt letztlich dazu, dass derjenige, der den Raubbau betreibt – bedingt durch die geringeren Kosten – einen deutlich höheren Gewinn erzielt als die Mitbewerber. Jedoch hat derjenige, der mittels Raubbau eine Lagerstätte ausbeutet, schon sehr bald wieder abgewirtschaftet. Durch die Beschränkung auf leicht zu gewinnende Anteile beim Raubbau verbleibt ein großer Teil der nutzbaren Mineralien in der Lagerstätte. Will später jemand die noch vorhandenen Lagerstättenteile abbauen, so ist dies oft nur durch Aufwendung deutlich höherer Kosten möglich. Für den Raubbauer bedeutet dies, falls er sich entschließt, die Lagerstätte weiter abzubauen, dass er die früheren Gewinne wieder aufwenden muss, um den Abbau weiter zu betreiben.„
Wikipedia
Das von K+S angewendete „room and pillar“-Abbauverfahren, verbunden mit der oberirdischen Ablagerung von Abfällen, führt zu Abbauverlusten von 50 bis 60%, weil die Stüzpfeiler nicht verwertet werden können. Auch die Untertagedeponie Herfa-Neurode und die von K+S betriebene „Verwertung“ von Aschen und Rauchgasrückständen führen zu Abbauverlusten. Das ist mit den Zielen des Bergrechts nicht vereinbar.
Durch Versatz der festen Rückstände könnten auch die Stützpfeiler verwertet werden. K+S hat dies bisher kategorisch ausgeschlossen, will nun aber an anderer Stelle Versatz und Rückbau verbinden. Dieses Verfahren kann dem Unternehmen deshalb in allen ihrer Bergwerke zugemutet werden.
Auch der Schutz von Grund und Boden wird bei der oberirdischen Ablagerung von Salzabfällen nicht berücksichtigt, weil die Rückstandshalden nur zum Teil gegen den Untergrund abgedichtet sind. Zwar können die Salzhalden wieder zurück gebaut werden, ob aber der Untergrund wegen der eingesickerten Salzlaugen sanierbar ist, bleibt fraglich.
Die Bewirtschaftungspläne der FGG Weser – hier wurden K+S alle Wünsche erfüllt.
Auch die Bewirtschaftungspläne für Werra und Weser verlangen die Abdeckung der K+S-Salzhalden. Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Meiningen wissen wir allerdings, dass sich die K+S AG und die hessische Umweltministerin verabredet hatten, genau dies zu erreichen und deshalb den „Vierphasenplan“ der Ministerin zur Grundlage der Bewirtschaftungspläne zu machen. Sie folgen dabei einem Gutachten, das die K+S AG hatte erarbeiten lassen: Durch Herabstufung der Werra zu einem „unsanierbaren Gewässer“ mit gleichzeitiger Verschleppung der Maßnahmenpläne sollte es möglich sein, die Anwendung europäischer Richtlinien auf die Entsorgungstätigkeit der K+S AG zu verhindern. Das würde es der K+S AG ersparen moderne Verfahren anzuwenden und die Salzhalden wieder abbauen zu müssen.
Keineswegs ist es so, dass der Flussgebietsgemeinschaft Weser keine anderen Verfahren für eine ziel- und fristgerechte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie vorgelegen hätten:
WWA, Entwurf des Bewirtschaftungsplans/Maßnahmenprogramms 2015-2021 für die Flussgebietseinheit Weser, Einwendungen der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V., 08.08.2015, https://bit.ly/3JIfqpV
WWA, Entwurf des Bewirtschaftungsplans/Maßnahmensprogramms 2022-2027 für die Flussgebietseinheit Weser, Einwendungen der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V., 15.06.2021, https://bit.ly/320Mnud
Es ist zwar zutreffend, wenn die Ministeriumssprecherin darauf hinweist, dass die Bewirtschaftungspläne „behördenverbindlich“ sind. Allerdings kann man die Bewirtschaftungspläne ändern – und man sollte es auch tun, wenn sie nur dazu dienen, geltendes Recht zugunsten der K+S AG zu unterlaufen.