Gibt es in den Bergwerken der K+S AG keinen Platz mehr für die eigenen Abfälle? Ist das zu glauben?

Rückstandshalden der Kaliproduktion sind an vielen Standorten in Deutschland zu finden. Ein Versatz der Abfälle ist laut Betreiber nicht möglich, da unter Tage nicht genügend Platz vorhanden sei. Ist das wirklich so?

Ein Versatz der Salzrückstände, also ihr Verbringen in unterirdische Hohlräume der Salzbergwerke, ist der aktuelle technische Standard und war lange Zeit auch bergrechtlich vorgeschrieben. Den Kaliproduzenten in Deutschland wurde jedoch regelmäßig erlaubt, ihre Abfälle im Freien zu lagern. Das ist günstiger, hat sich aber nicht bewährt.

„Versatz ist das systematische Ausfüllen bergmännisch geschaffener Hohlräume aus abbautechnischen oder grubensicherheitlichen Gründen.“

Prof. Dr. Buhrow (Bergakademie TU Freiberg), „Versatz im Kalibergbau unter
Tage – Technik und Organisation“, Vortrag, Witzenhausen, 22.03.2007

Der Betriebsplan für die neu zu eröffnende Grube Roßleben (K-UTEC AG, 2008) sah daher vor, die Rohsalze bereits unter Tage aufzubereiten und die Salzabfälle sofort zu versetzen. So hätten die Kosten für das Fördern der Rohsalze und die Ablagerung der Rückstände vermieden werden können.

Versatz trägt wesentlich zu einer vollständigeren Gewinnung der Lagerstätte und bei richtiger Ausführung zu sicherem, technisch, ökologisch, wirtschaftlichem Bergbau.“

Prof. Dr. Buhrow (Bergakademie TU Freiberg), „Versatz im Kalibergbau unter
Tage – Technik und Organisation“, Vortrag, Witzenhausen, 22.03.2007

Bereits im „Pilotprojekt Werra-Salzabwasser“ und am sogenannten „Runden Tisch Werraversalzung“ wurde diskutiert, ob es nicht besser und angemessener wäre, diese Rückstände in die freigelassenen Hohlräume der Salzbergwerke zu versetzen. Dies hätte Vorteile: Es würden keine Haldenlaugen mehr entstehen, die das Grundwasser und die Flüsse versalzen. In den versetzten Bereichen würden oberirdische Bergschäden deutlich verringert und die Kosten für die Bewetterung (Austausch der verbrauchten und aufgeheizten Luft) würden sinken.

Der Vorschlag wurde aufgegeben, nachdem Gutachter der K+S AG die Ansicht vertraten, der zur Verfügung stehende Platz unter Tage reiche nicht aus. Der Platz würde vielmehr für den Betrieb der Kaliförderung benötigt.

Leider standen den Gremien nur Gutachter zur Verfügung, die von der Betreiberin ausgewählt und bezahlt wurden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Gutachten nicht immer korrekt, aber immer im Sinne der Auftraggeberin erstellt wurden. Eine Überprüfung lohnt sich.

Eine Plausibilitätsrechnung

Die Überprüfung des verfügbaren Bergwerksvolumens muss natürlich auch berücksichtigen, dass erhebliche Mengen an Salzen nicht versetzt werden müssen, weil sie als Dünger verkauft wurden. Dies gilt auch für deren Rückstände, wenn sie bereits auf andere Weise beseitigt wurden. Die benötigten Zahlen können dem Abschlussbericht des Pilotprojekts „Werra-Salzabwasser (2007), der „Gesamtstrategie“ der K+S AG (2008) und dem „Integrierten Maßnahmenkonzept“ (2009) der K+S AG mit einiger Mühe entnommen werden, sowie auch späteren Veröffentlichungen des Unternehmens und der Genehmigungsbehörden:

  • Mehr als eine Milliarde Kubikmeter Salzabwässer wurden durch Verpressen in den Untergrund beseitigt. Sie enthalten mehr als 630 Mio. Tonnen an Salzen.
  • In den Jahren 1948 bis heute wurden allein von den westdeutschen Betrieben ca. 800 Mio. Kubikmeter salzhaltige Abwässer in die Werra geleitet. Von den Thüringer Betrieben dürften noch einmal mindestens 400 Mio. Kubikmeter hinzukommen. Der Salzgehalt dieser Abwässer liegt dann bei mehr als 400 Mio. Tonnen.
  • Die K+S AG verkauft zur Zeit jährlich etwa 20 Mio. Tonnen Kalidünger. Wenn wir (niedrig geschätzt) einem Jahresdurchschnitt von 10 Mio. Tonnen annehmen, dann sind seit 1948 im Werrarevier auf beiden Seiten der Grenze etwa 1,2 Milliarden Tonnen an Produkten verkauft worden.

In den Gruben ist Platz genug

Aus dieser Überschlagsrechnung geht hervor, dass im Werra-Revier seit 1948 mindestens 2,2 Milliarden Tonnen Salze abgebaut wurden. Die dabei entstandenen unterirdischen Hohlräume stehen für die 0,6 Milliarden Tonnen zur Verfügung, die nach Angaben der K+S AG auf den Rückstandshalden des Werra-Fuldareviers abgelagert sind..

Dies gilt selbst dann, wenn K+S noch 50% des freien Volumens für den aktuellen Betrieb benötigen sollte. Nach 100 Jahren Bergbau im Werrarevier herrscht jedoch kein Platzmangel in den Bergwerken. Nach Beendigung der Bergbautätigkeit steht dann ohnehin das gesamte Bergwerk zur Verfügung. Die Tatsache, dass das zu versetzende Material aufgelockert ist und daher ein um 20% vergrößertes Volumen hat, ist angesichts des Platzangebots ohne Bedeutung..

Ein Gutachter der Technischen Universität Braunschweig kommt zu dem Schluss, dass die Bergwerke der K+S AG im Werra-Fulda-Revier ausreichend Raum bieten, um die Rückstandshalden dorthin zu verlagern.

Die Entsorgung der Produktionsrückstände lief seit der Inbetriebnahme des Werks Neuhof-Ellers durch die Firma K+S durch Aufhaldung. Rechnet man die Hohlräume hinzu, die durch Salzgewinnung seit mehr als 50 Jahren entstanden sind, so ist anzunehmen, dass die zukünftigen Produktionsrückstände sowie Teile der vorhandenen Halde sogar mittelfristig komplett unter Tage versetzt werden können.“

Institut für Siedlingswasserwirtschaft TU Braunschweig, „Gutachten zur Behandlung bzw. Verwertung salzhaltiger Abwässer aus dem Werk Neuhof-Ellers der K+S Kali GmbH“, März 2008

Was spricht in den Augen der K+S AG gegen den Versatz der Rückstände?

Wer beabsichtigt, seine eigenen Produktionsabfälle durch Verlagerung zu entsorgen, benötigt unter Tage ausreichend Raum für den Transport der Abfälle. Ist dieser Raum knapp, wie die K+S AG uns glauben lässt, kann er nicht für bergbaufremde Aktivitäten verschwendet werden.

Dies betrifft auch die Einlagerung von hochgiftigen Industrieabfällen in Untertage-Deponien und die „Untergrundnutzung“ der Hohlräume durch das Einbringen von bergbaufremden Abfällen. Vorrangig müssen immer die eigenen Abfälle behandelt werden.

Glücklicherweise ist weder eine Untertage-Deponie noch eine Untergrundnutzung für den Betrieb eines Kalibergwerks erforderlich. Die Bergsicherheit kann auch auf andere Weise gewährleistet werden, z.B. durch die Versatz der eigenen Abfälle.

Mit dem Versatz der Rückstandshalden entfällt auch die lukrative Möglichkeit, die Halden mit einer Schicht belasteter Abfälle zu „bedecken“. Für den eigentlichen Betriebszweck, die Gewinnung von Kalidünger, sind Haldenabdeckungen nicht erforderlich.

Welche Kosten entstehen?

Nach Angaben der K+S AG liegen die Kosten für die Verlagerung ihrer Rückstände zwischen 4,40 und 8,00 Euro pro Tonne. Die Gesamtkosten belaufen sich dann auf 2,6 bis 4,8 Milliarden Euro. Diese Kosten entstehen, weil der Betreiber beantragt hat, seine Rückstände oberirdisch zu lagern, ohne die Kosten der Altlasten zu berücksichtigen.

Welche Fehler sollten vermieden werden?

Die K+S AG weist korrekterweise darauf hin, dass die unterirdischen Hohlräume nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, da sie durch Konversion (Bergsenkungen) zusammengedrückt werden und irgendwann nicht mehr befahrbar sein werden. Es ist jedoch wichtig, die Konversion zu verhindern, um die oberirdischen Auswirkungen der Bergsenkungen zu minimieren.

Dies bedeutet weiterhin, dass man mit dem Abbau der Salzhalden und ihrer Verlagerung nicht warten darf, bis die Konversion dies nicht mehr zulässt. Es muss sofort begonnen werden und die Aufbereitung der Rohsalze sollte so bald wie möglich nach unter Tage verlegt werden. Dann entfällt das vorgeschobene Argument des fehlenden Platzes.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: