„Ökologisch effektiv“ oder nur profitabel und schädlich?

Die Jagdgenossenschaft Neuhof hat eine Informationsveranstaltung zu der geplanten Abdeckung der K+S-Rückstandshalde in Neuhof-Ellers durchgeführt. Erkenntnis für die anwesenden K+S-Vertreter: Man kann den Bürgern nicht mehr jeden Bären aufbinden.

Worum geht es?

https://osthessen-news.de/n11729079/buerger-ueben-harsche-kritik-an-k-s-abdeckplanen-fuer-die-halde.html

Die K+S AG möchte ihre Rückstandshalde in Neuhof-Ellers mit einer Dickschicht aus Bodenaushub und Bauschutt der Einbbauklasse Z2 nach LAGA abdecken. Solche Stoffe dürfen nur „bei definierten technischen Sicherheitsmaßnahmen“ eingebaut werden, um den Transport von Schadstoffen in den Untergrund und das Grundwasser zu verhindern. Nur bei einer Unterschreitung der Zuordnungswerte Z2 wäre ein offener Einbau von mineralischen Abfällen möglich, dann z.B. als

  • Tragschicht unter wasserundurchlässiger Deckschicht (Beton, Asphalt, Pflaster mit abgedichteten Fugen), als
  • gebundene Tragschicht unter wenig durchlässiger Deckschicht (Pflaster, Platten) oder als
  • gebundene Deckschicht.

Wie dies auf einer Rückstandshalde realisiert werden kann, müsste von der Betreiberin überprüfbar nachgewiesen werden. Die Anrainer müssen ihrerseits diese Angaben überprüfen (lassen). Sie können nach unserer Erfahrung nicht davon ausgehen, dass der Genehmigungsbehörde Sicherheits- und Umweltaspekte wichtiger sind als die Interessen der K+S AG.

Eine weitere Altlast und ein neues Profit-Center

Bodenaushub und Bauschutt selbst sind wasserdurchlässig. Sie können als Abdeckmaterial die Entstehung von salzhaltigen Abwässern nicht verhindern, sondern nur zeitlich strecken. Andererseits kann Niederschlagswasser aus der Abdeckschicht Schadstoffe herauslösen, die dann als Eluate versickern und in den Untergrund und das Grundwasser gelangen können. Dies geschieht auf denselben Wegen, auf denen schon jetzt salzbelastete Haldenwässer in den Untergrund und das Grundwasser gelangen: an der Grenzfläche zwischen Abdeckung und Haldenoberfläche sowie über Spalten im Haldenkörper. Der Untergrund der nur teilweise mit einer Sperrschicht versehenen Halden ist mit Salzwasser gesättigt, das zum Teil oberirdisch wieder austritt:

Der Kalihalde als Altlast wird mit dem Abdeckmaterial somit eine weitere Altlast hinzugefügt. Die Umweltbelastung durch die salzhaltigen Haldenabwässer wird durch die Eluate des Abdeckmaterials weiter verschlimmert.

Allerdings ist die Verwendung von belasteten Abfällen zur Haldenabdeckung durchaus profitabel, weil ihre Annahme vergütet wird und auch keine Transportkosten anfallen. So entsteht neben der weiteren Altlast ein neues Profit Center für die Betreiberin.

Kollateralschäden sind eingeplant

Die Veranstalter weisen darauf hin, dass zur Durchführung der Haldenabdeckung weitere Eingriffe in die Landschaft und die Natur vorgesehen sind. Dazu sollen ca. 100 ha

ökologisch hochwertige Waldflächen rings um die Halde, zum Teil sehr alte Laubholzbestände wie etwa in einer Altholzinsel nördlich der Halde, (abgeholzt und) dauerhaft zerstört (werden)“.

Da die Haldenabdeckung erst in 105 Jahren fertig gestellt sein soll, muss in dieser Zeit mit vermehrter Lärm- und Staubbelastung gerechnet werden. An der Erdoberfläche austretende Sickerwässer der Halde können dann zusätzlich mit den Eluaten der Abdeckschicht belastet sein.

Mutmaßlicher Haldenwasserdurchbruch am Fuß der K+S-Halde in Neuhof-Ellers 2019

Kein Wunder also, dass die Anwohner eine sinkende Lebensqualität und fallende Immobilienwerte befürchten.

Die angeblich zu erreichenden Ziele sind nicht plausibel nachgewiesen, weil sie den politischen Vorgaben widersprechen

Eines dürfte für die anwesenden K+S-Vertreter besonders peinlich gewesen sein: Den Veranstaltern ist aufgefallen ist, dass die vorgelegten Planungen nicht plausibel und deshalb auch nicht glaubwürdig sind, weil „das politisch angestrebte Ziel, die Einleitung von Salzabwässern in Werra und Weser bis zum Jahre 2075 weitgehend zu vermeiden, nicht erreicht werden könnte.“ Folge man den Planzahlen der K+S AG, dann könnte die Halde erst in 105 Jahren abdeckt sein.

Alle Alternativen zur Abfallbehandlung stehen zur Verfügung

Den unplausiblen Planungsangaben der K+S AG wäre noch hinzuzufügen, dass die einschlägigen Gesetze nicht zum Ziel haben, Rückstandshalden zu begrünen. Ziel ist es vielmehr, die Landschaft, das Grundwasser und die Oberflächengewässer vor den Auswirkungen der Rückstandshalden zu schützen. Das ist mit keiner Haldenabdeckung zu erreichen, sei sie grün oder nicht.

Die Abfallgesetzgebung schreibt vor, industrielle Abfälle zu vermeiden, zu verwerten und unvermeidliche Reste umweltfreundlich zu beseitigen – in genau dieser Reihefolge. Das ist nach dem Stand der Technik auch mit den Abfällen der Kali-Industrie möglich.

Vermeidung

Die Abfallsalze der Kali-Industrie haben eigentlich auf der Erdoberfläche nichts zu suchen. Das Bergrecht hat nämich vorgeschrieben, die Salze durch Versatz in aufgelassene Hohräume des Kalibergbaus zu beseitigen (Versatzpflicht). So hätte man Altlasten vermeiden und gleichzeitig die Bergsicherheit garantieren können.

Die K-UTEC AG (Sondershausen) hatte schon 2008 (im Betriebsplan für die Grube Roßleben) vorgeschlagen, die Aufbereitung der Rohsalze bereits unter Tage elektrostatisch durchzuführen und die Rückstände sofort zu versetzen. So hätte man das Fördern der Rohsalze sowie die Ablagerung über Tage (mit ihren Folgen) vermeiden können.

Wenn die K+S AG jetzt angibt, noch weitere 60 Jahre Kalisalze fördern zu wollen, dann würde sich der Bau einer neuen ESTA-Anlage, diesmal unter Tage, immer noch lohnen.

Die Vermeidung von Abfällen ist technisch gesehen die intelligenteste und kostengünstige Lösung, weil Folgeschäden und Beseitigungskosten nicht zu befürchten sind. Unternehmen, die zum Zwecke der kurzfristigen Gewinnoptimierung nicht die intelligenteste, sondern die kostengünstigste Variante gewählt haben, sind nicht aus der Verantwortung entlassen. Die europäische Umwelthaftungsrichtlinie verpflichtet sie nämlich, die angerichteten Schäden zu sanieren:

Verwertung

Bei der Verwertung der Salzabfälle ist natürlich zuerst an die noch enthaltenen Wertstoffe zu denken. Die K-UTEC AG hat K+S im Jahre 2014 vorgerechnet, dass mit den Produktionsabfällen und Haldenlaugen jährlich 500.000 Tonnen an Wertstoffen vernichtet werden. Ihre Rückgewinnung ermöglicht einen zusätzlichen Jahresgewinn 100 Mio. Euro.

Die nach der Aufbereitung noch verbleibenden Abfallsalze können durch Versatz verwertet werden. Sie garantieren dann die Bergsicherheit und helfen, Bergsenkungen zu minimieren. Bei fortlaufenden Betrieb der Gruben erleichtern sie die Bewetterung der Grubengebäude.

Bis zum vollständigem Rückbau und Versatz der Halden fallen immer noch Haldenlaugen an. Sie behindern die die vorgeschriebene Umsetzung der EU -Wasserrahmenrichtlinie, wenn sie in das Grundwasser und die Vorfluter gelangen. Diese Haldenlaugen können aber verwertet werden.

Die K+S AG hatte die K-UTEC AG aus Sondershausen beauftragt, ein Aufbereitungsverfahren für die wertstoffärmsten Abwässer aus dem Werra-Fulda-Revier zu entwickeln. Dazu gehörten auch die Haldenlaugen der Rückstandshalde Neuhof-Ellers. Es hat sich ergeben, dass auch diese Abwässer noch rentabel verwertet werden können.

Das Verfahren wurde 2013 auch dem so genannten „Runden Tisch“ vorgestellt. Das Gremium hat damals den Vorsitzenden beauftragt, das Verfahren mit Mitteln des Runden Tische weiter entwickeln zu lassen, um es auf alle Abwässer der K+S AG anwenden zu können. Der Vorsitzende hat damals diesen Auftrag eigenmächtig (oder auf Wunsch der K+S AG?) nicht umgesetzt. Die K-UTEC AG hat die Verfahren dann auf eigene Kosten fortentwickelt und 2014 dem Runden Tisch vorgestellt. Die Verfahren sind von Prof. Dr. Quicker (RWTH Aachen) und vom Umweltbundesamt überprüft und hinsichtlich ihrer Machbarkeit, ihrer Wirtschaftlichkeit und des Energiebedarfs bestätigt worden. Anderslautende Einlassungen der K+S AG und ihrer Gutachter wurden als unzutreffend zurückgewiesen.

Beseitigung

Die Salzhalden im Werra-Fulda-Revier können durch Rückbau und Versatz in untertägige Hohlräume beseitigt werden. Das ist der Stand der Technik. Die Kosten werden von K+S selbst mit 4,40 – 8,00 Euro/Tonne angegeben.

Die Kosten für die Beseitigung der K+S-Altlasten dürften höher liegen als die Kosten der Vermeidung. Es wäre in vielfacher Hinsicht klüger gewesen, nicht die kostengünstige Methode der Aufhaldung zu wählen. Das kann aber nicht der Grund sein, auf den Rückbau der Halden und die Sanierung der Aufstandsflächen zu verzichten.


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