Die rätselhafte Einkaufs- und Entsorgungspraxis des Kaliherstellers K+S

Sieh, das Gute liegt so nah! (I)

von Walter Hölzel

Aktualisiert: K+S will sich Zugriff auf Kaliumsulfat in Skandinavien erschließen

Der Spezialdünger Kaliumsulfat ist begehrt, der internationale Bedarf kann nicht befriedigt werden. Der Preis ist hoch und unterliegt nicht den starken Schwankungen des Kaliumchloridmarktes. Er verspricht auch dann noch hohe Gewinne, wenn die Kriegsgewinne wegen der Sanktionierung der russischen und weißrussischen Konkurrenz auslaufen sollten.

Um sich Zugriff auf diesen Rohstoff zu verschaffen, will die K+S AG eine Kooperation mit dem schwedischen Unternehmen Cinis Fertilizer schließen. K+S liefert Kaliumchlorid aus eigener Produktion, Cinis wird daraus Kaliumsulfat herstellen. Der Sulfatanteil stammt u.a. aus Abwässern der Papier- und Zellstoffindustrie.

K+S lobt die Nachhaltigkeit dieser Produktion; eine nachhaltige Produktion am eigenen Standort hatte das Unternehmen aber abgelehnt.

Die Rohsalze des Werrareviers haben einen besonders hohen Sulfatgehalt; es ist deshalb überraschend, dass die K+S AG den Sulfatgehalt nicht nutzt, sondern fast ausschließlich mit ihren Abwässern vergeudet. Die K-UTEC AG hat 2014 vorgerechnet, dass allein durch die Aufarbeitung der Abwässer jährlich 550.000 Tonnen Kaliumsulfat zurück gewonnen werden können. Verbunden damit wäre eine insgesamt abstoßfreie Kaliproduktion. Der Fluss Werra könnte damit innerhalb weniger Jahre dieselbe hohe Qualität erreichen, die wir in seinem nicht salzbelasteten Oberlauf vorfinden.

Hier der Blogpost von 2018:

Analysten berichten, dass sich der deutsche Kalihersteller K+S den Zugriff auf 75.000 Jahrestonnen des begehrten Spezialdüngers Kaliumsulfat gesichert hat (1). Dies ist die halbe Jahresproduktion einer noch nicht gebauten Düngemittelfabrik des australischen Unternehmens Kalium Lakes (2). Die Produktion soll 2020 aufgenommen werden.

Gleichzeitig verklappt das Unternehmen K+S jährlich ca. 550.000 Tonnen Kaliumsulfat, die in den Abwässern der Fabriken im Fulda- und Werratal enthalten sind.

Der Spezialdünger Kaliumsulfat (SOP) wird im Obst- und Gemüsebau verwendet sowie bei chloridempfindlichen Feldfrüchten. Er fällt in geringem Umfang auch bei den Produktionsverfahren des Unternehmens K+S im Werrarevier an. Im Gegensatz zu dem Hauptprodukt des Unternehmens, dem Kaliumchloriddünger, gibt es hier keine weltweite Überproduktion. Der Bedarf kann vielmehr nicht gedeckt werden und das Produkt steht nicht unter Peisdruck. Der Verkaufspreis liegt aktuell bei ca. 405 Euro/Tonne, während für Standarddünger rund 270 Euro/Tonne bezahlt wird.

Der Salz- und Bergwerksspezialist K-UTEC AG aus Sondershausen hatte 2011-2013 Verfahren für eine abstoßfreie Kaliroduktion im Werrarevier entwickelt und vorgestellt. Er hatte im Januar 2014 vorgeschlagen, die Wertstoffe Kaliumchlorid und Natriumchlorid als hochreine Salze aus den Abwässern der K+S Kali GmbH zu gewinnen und anschließend das Kaliumchlorid in das höherpreisige Kaliumsulfat (SOP) umzuwandeln . Auf diese Weise hätten jährlich 550.000 Tonnen Kaliumsulfat gewonnen und ein zusätzlicher Gewinn von 100 Mio. Euro erreicht werden können (3). Das Umweltbundesamt hat im Oktober 2014 die technische Machbarkeit sowie die Investitions- und Energiekosten des K-UTEC-Vorschlags bestätigt und Einlassungen der K+S AG und ihrer Gutachter widerlegt.

Trotzdem hat die K+S AG nicht die Chance ergriffen, mit dem K-UTEC-Vorschlag ein neues Profit Center zu bilden und damit gleichzeitig die Ursache seiner Entsorgungsengpässe zu beseitigen und der Umsetzung gesetzlicher Vorschriften näher zu kommen. Stattdessen hat das Unternehmen beschlossen, eine als „Kainit-Kristallisations- und Flotationsanlage“ (KKF) bezeichnete Eindampfanlage zu bauen. Sie ist Anfang 2018 in Betrieb genommen worden.

Kernstück der KKF-Anlage ist – wie auch im K-UTEC -Vorschlag vorgesehen – eine Eindampfanlage für Abwässer. Trotzdem erreicht sie nicht die Ergebnisse des K-UTEC-Vorschlags, denn man kann mit ihr weder verkaufsfähiges Natriumchlorid erzeugen noch Kaliumsulfat herstellen (4). Dieses soll jetzt vielmehr in Aus­tralien eingekauft werden.

Die KKF-Anlage verarbeitet jährlich 3 bis 3,5 Mio. Kubikmeter Abwässer aus Hattorf und Wintershall (5), aber sie arbeitet keineswegs abwasserfrei. Zunächst fällt verunreinigtes Natriumchlorid an, das aufgehaldet wird. Die Menge hat K+S bisher nicht angegeben, es dürfte sich aber um 250.000 bis 300.000 Tonnen pro Jahr handeln. Daraus entstehen durch Abregnen ca. 750.000 bis 900.000 Kubikmeter Haldenlaugen, die der Abwassermenge der KKF-Anlage hinzugerechnet werden muss.

Außerdem erzeugt die KKF-Anlage auch flüssige Abfälle, nämlich jährlich 1,5 Mio. Kubikmeter. Wegen der technischen Unzulänglichkeit der Anlage enthalten auch diese Abwässer noch den Wertstoff Kaliumchlorid in einer Konzentration von 46 Gramm pro Liter (6). Wenn diese Abwässer verklappt werden, vernichtet K+S damit 69.000 Tonnen Kaliumchlorid pro Jahr. Daraus ließen sich mit einem gängigen Verfahren ca. 80.000 Tonnen des begehrten Spezialdüngers Kaliumsulfat herstellen.

Sieh, das Gute liegt so nah! Statt in Australien einzukaufen, müsste K+S nur in Deutschland nach dem Stand der Technik produzieren. Dass damit gleichzeitig Umweltprobleme gemindert werden, würden wir gerne hin­nehmen.

Anmerkungen:

  • 1. https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/spezialitaetengeschaeft-k-s-vereinbart-abnahme-von-75-000- tonnen-kaliumsulfat-6309581
  • 2. http://www.kaliumlakes.com.au/beyondie-potash-project
  • 3. Marx et al., Überlegungen zur Aufbereitung der Abstoßlösungen des Werkes Werra, 21.01.2014
  • 4. Dass es auch anders geht, zeigt die Abwasseraufbereitungsanlage des Kaliherstellers Iberpotash in Katalonien, die 2016 in Betrieb gegangen ist. Dort werden Natriumchlorid und Kaliumchlorid als hochreine Industriesalze gewonnen. Der Absatz der Produkte ist durch langfristige Verträge gesichert.
  • 5. Angabe M. Eichholtz, K+S AG, Sitzung des Umweltausschusses der Gemeinde Kalletal, 21. Juni 2018
  • 6. Als Vergleich: das Tote Meer, aus dem ebenfalls Kaliumchlorid als Dünger gewonnen wird, enthält den Stoff in einer Konzentration von lediglich 14 – 17 Gramm/Liter

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