Für K+S ein Problem, für die Industrie ein Zukunftswerk­stoff: Magnesium

Sieh, das Gute liegt so nah! (2)

von Walter Hölzel

Der hohe Magnesiumgehalt der Abwässer des Kaliherstellers K+S im Werratal ist der entscheidende Faktor bei den dort auftretenden Entsorgungsengpässen. Er ist verantwortlich dafür, dass sich der chemische und ökologische Zustand der Werra seit den Zeiten der hohen Salzbelastung durch DDR-Betriebe nicht verbessert hat. Trotz des in der Werra gültigen extrem hohen Grenzwerts für Magnesium musste K+S die Produktion drosseln, als die Verpressung von Salzlaugen in den Untergrund vorübergehend nicht möglich war.

Die K-UTEC AG aus Sondershausen hatte als international erfolgreicher Salztechnologie-Spezialist schon 2012 vorgeschlagen, die in den Abwässern des Konzerns enthaltenen Wertstoffe durch Eindampfen zu gewinnen, die verbleibenden Magnesiumsalze chemisch zu verfestigen und durch Versatz in untertägige Hohlräume zu beseitigen. K+S hat bekanntlich diese Chance nicht ergriffen, die Probleme dauern an.

Dabei ist es noch nicht einmal nötig, die Magnesiumsalze zu beseitigen, sie können auch als Wertstoffe genutzt werden. Das Wirtschaftsmagazin brandeins schreibt:

In mehreren Ländern gibt es Bestrebungen, wieder eine eigene Primärproduktion aufzubauen. In Deutschland will man das Leichtmetall aus dem Meer gewinnen: Ein Kubikmeter Nordseewasser enthält mehr als zwei Kilogramm Magnesium. Für die Gewinnung könnte auf der See produzierter Windstrom eingesetzt werden. Heute wäre das allerdings noch nicht wirtschaftlich. Anders am Toten Meer: Dank des hohen Salzgehalts gewinnt dort ein israelisches Unternehmen bis zu 30 Kilogramm pro Kubikmeter. Die Firma kooperiert mit Volkswagen; durch den Ausbau der Elektromobilität steigt der Bedarf an Autos in Leichtbauweise.

Für die Luftfahrt wird erforscht, wie Magnesium durch Zugabe von Nanopartikeln, etwa aus Keramik, hitzebeständiger werden kann, um zum Beispiel Triebwerke daraus zu konstruieren. Flugzeugbauer wollen Magnesiumlegierungen auch für Sitzschalen einsetzen, um mehrere Hundert Kilo pro Jet zu sparen.

Als vielversprechend gilt Magnesium auch für die Medizintechnik. Denn es löst sich in feuchter Umgebung auf, ist im menschlichen Körper ungiftig und wird dort abgebaut oder ausgeschieden. So müssten Implantate aus Magnesium – wie zum Beispiel Schrauben zur Fixierung ge­brochener Knochen – nach einer Operation nicht mehr entfernt werden.“ (1)

Deutschland wäre aber nicht auf das Nordseewasser angewiesen, um eine eigene Primärproduktion von Magnesiummetall aufzubauen. Wenn schon der Magnesiumgehalt des Toten Meeres ausreicht, um daraus Magnesium unter wirtschaftlichen Bedingungen zu gewinnen, dann trifft dies für die Abwässer des Kalikonzerns K+S erst recht zu. Allein aus den Abwässern ihrer (zu unrecht) gerühmten „KKF-Anlage“ ließen sich jährlich 165.000 Tonnen Magnesium herstellen. Auch dies zeigt, wie ineffektiv diese Anlage ist. Insgesamt beträgt der Magnesiumgehalt der jährlich im Werratal anfallenden K+S-Abwässer 265.000 Tonnen. Das ist mehr als ein Viertel der weltweiten Jahresproduktion.

K+S scheint an einer Verwertung der Abwasser-Inhaltsstoffe kein Interesse zu haben. Das Unternehmen möchte nach eigenen Angaben mit den Abwässern der KKF-Anlage ein stillgelegtes Bergwerk fluten.

(1) https://www.brandeins.de/magazin/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/geld/oekonomie-der-elemente-magnesium?utm_source=zeit&utm_medium=parkett


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