Man muss sich eben etwas einfallen lassen
Manche Zeitungsartikel, so berichten mir Journalisten, sind ebenso notwendig wie ungeliebt. Sie haben keinerlei Nachrichtenwert, aber sie sollen gute Anzeigenkunden in einem möglichst schmeichelhaften Licht zeigen. Da muss man sich eben was einfallen lassen.
von Walter Hölzel
„Einladungen zu Besichtigungen von Betrieben sind dann grundsätzlich abzulehnen, wenn die Absicht erkennbar ist, daß mit der Veröffentlichung eines Berichtes über die Besichtigung eine kostenlose Werbung erreicht werden soll.“
Aus: Richtlinien für redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften, Absatz 20, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Zeitungsverleger AGZV, dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger BDZV, dem Verband Deutscher Zeitungsverleger VDZ und dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft,
Pitt von Bebenburg von der Frankfurter Rundschau hat eine Kaligrube in Herfa-Neurode besucht. Sein Bericht ist besonders phantasievoll. Er versetzt einen von ungenannten Gegnern gejagten James Bond in die Untertagewelt des Kaliherstellers K+S AG und lässt ihn Abenteuer erleben. Der Filmheld, so seine Phantasie, befindet sich im Moment einer Sprengung im Bergwerk nur eine Sohle über der Untertagedeponie Herfa-Neurode, „die zu den größten Sondermülllagern der Welt zählt“. (Sie erinnern sich? Genau, dort, wo es 2015 gebrannt hat). „Eine aussichtslose Situation. Aber nicht für den Agenten seiner Majestät.“ fährt Pitt von Bebenburg fort. Zum Glück verfügt der „Agent seiner Majestät“ über einen „tonnenschweren Radlader“, der „350 PS stark ist“ und elektrisch betrieben wird. Nur wenn er sich bewegen soll, muss noch ein „Dieselmotor angeworfen werden.“ Der Autor vergisst nicht, hinzuzufügen: „Das ist gut für die Luft.“ (Wozu dient eigentlich der „350 PS starke“ Elektromotor, der das Fahrzeug nicht bewegt? Natürlich für die Bremslichter, was denn sonst. Das Fahrzeug bewegt sich ja nicht! Anmerkung des Autors). Herr von Bebenburg präsentiert sich in seinem Artikel somit nicht nur als Spezialist für rasante Plots, sondern auch für technische Utopien. Natürlich ist der Artikel redaktionell begründet, denn der Neuigkeitswert ist nicht zu übersehen. Wer hätte sonst gewusst, wie es bei K+S untertage so zugeht?
Erst vor wenigen Tagen hatte Pitt von Bebenburg die „Umweltfriedenspolitik“ des (fast) neuen Vorstandsvorsitzenden der K+S AG, Burkhard Lohr, fast schon emphatisch ausgebreitet und ängstlich gefragt, ob Lohr den Umweltfrieden für sein Unternehmen wohl sichern kann: „Ob ihm das gelingt, steht längst nicht fest. Am 1. Mai paddeln jedenfalls Umweltaktivisten, um den Druck auf K+S hoch zu halten.“
http://www.fr.de/rhein-main/landespolitik/k-s-weiter-weg-zum-umweltfrieden-a-1495655
Schreckliche Aussichten für K+S. Wir zittern mit der Frankfurter Rundschau und mit Pitt von Bebenburg.