Auf dem Holzweg

Der K+S AG scheint es nicht gelingen zu wollen, sich aus der selbstverschuldeten Entsorgungskrise zu befreien – die Werra-Weser-Anrainerkonferenz bietet erneut Hilfe an

Es ist doch wie verhext: Die Anrainerkonferenz zeigt der K+S AG, wie man mit moderner Aufberei­tungstechnik Probleme vermeiden kann, aber das Unternehmen baut sich eine KKF-Anlage. Weil die­se noch nicht einmal ein Abfallentsorgungskonzept hat, kann sie auch keines der Probleme lösen, unter denen der Konzern leidet. Jetzt soll ein anderer Ausweg gefunden sein. Mit der Abdeckung der Salzhalden möchte K+S die steigende Menge an Haldenlaugen ein­dämmen. Da hat sich das Unter­nehmen viel zugemutet, denn bisher sind alle Versuche ge­scheitert, derart steile Haldenflanken stand­fest abzudecken. Auch bei K+S.

Die Anrainerkonferenz möchte noch einmal hilfreich sein. Wir wer­den uns in einer öffentlichen Infor­mationsveranstaltung mit dem Problem des versatzlosen Bergbaus und mit praktizierten Alterna­tiven beschäftigen. Es wird also um die Salz-Rückstandshalden ge­hen – in Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und in Spanien. Viel­leicht gelingt es diesmal, K+S vor neuen Fehlern zu bewahren.

von Walter Hölzel

Sie erinnern sich? 2015/2016 musste K+S mehrfach die Produktion drosseln. Ein unzureichendes Entsor­gungskonzept hatte dazu geführt, dass steigende Rückläufe bereits einmal „entsorgter“ Abwässer aus dem Untergrund und von den Halden die Werra belastet haben. Auch die Hal­denlaugen aus dem Fuldarevier, die seit 2007 vorrangig in die Werra eingeleitet werden (1), haben den Spiel­raum weiter ein­geschränkt. Die Werra konnte angeblich keine Abwässer aus der Produktion mehr aufneh­men.

Die Erweiterung der Rückstandshalden würde wieder in einen Ent­sorgungsengpass führen

Die Ursachen der Entsorgungskrise 2015/2016 sind nicht beiseitigt worden. Warum auch? Nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden Lohr ist das Unternehmen so „robust“, dass es selbst im Krisenjahr „mehr als eine halbe Milliarde Euro Gewinn“ (2) gemacht habe. Aber die Probleme verschärfen sich weiter, denn K+S will die Rückstandshalden erweitern.

K+S hatte vorgegeben, mit seinem „360-Mio.-Euro-Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz“ die Salzbelas­tung der Werra „halbieren“ zu können. Diese Zusage hat das Unternehmen nicht eingehalten, das Regie­rungspräsidium Kassel hat die etwas voreilig verfügte Senkung der Grenzwerte in der Werra deshalb wieder zurückgenommen.Wenn es auch dem Gewässerschutz nicht gedient hat – eine Auswirkung hat das „Maß­nahmenpaket“ doch: der Bedarf an Haldenvolumen steigt drastisch, ebenso der Anfall an Haldenlaugen.

Nach K+S-Angaben soll sich das Haldenvolumen bis zur Betriebseinstellung verdoppeln und damit auch der Anfall an Haldenlaugen, deren Menge von ca. 2 Mio. cbm/Jahr auf 4,1 Mio. cbm/Jahr ansteigen soll. (3) Damit ist klar: allein der Anstieg der Haldenlaugen würde den behaupteten Effekt der KKF-Anlage zunichte ma­chen. K+S steuert erneut auf einen Entsorgungskollaps zu.

Es gibt bislang kein Entsorgungskonzept für die in der KKF-Anlage erzeugten Abfälle

Aber dieses Anlagenkonzept ist ja selbst lahm auf beiden Beinen. K+S-Vertreter hatten 2015 bei einer Ver­anstaltung des Landkreises Kassel angekündigt, eine Aufbereitungsanlage für Abwässer bauen zu wollen und diese als „Eigenentwicklung“ bezeichnet. Mit dieser „KKF-Anlage“ könne man 20% der Abwässer ein­sparen. Die damals sofort geäußerte Vermutung, es handele sich hier vielmehr um eine K-UTEC-Anlage mit anderem Namen, wurde von K+S-Vertretern leidenschaftlich bestritten. Tatsächlich hat eine Überprüfung er­geben: die KKF-Anlage verwendet das Verfahren des K-UTEC-Vorschlags, ohne aber dessen Wirksamkeit zu erreichen. Man muss sie als technisch rückständig ansehen. (4) K+S hat trotzdem versucht, die Mängel der KKF-An­lage als technisch vorteilhaft darzustellen. (5) Davon ist jetzt nicht mehr die Rede, denn K+S wird von der ge­ringen Wirksamkeit seiner „Eigenentwicklung“ eingeholt. Uns wurde mitgeteilt, dass das Unternehmen die K-UTEC AG beauftragt hat, ein Abfallentsorgungskonzept für die (angeblich bereits „eingesparten“) Abwässer der KKF-Anlage zu entwi­ckeln. (6) Warum ist das nötig geworden?

Die Oberweserpipeline: zu teuer, aber ohne Alternative…

…wenn man auf moderne Technik verzichten will. Wie beschrieben, ist die Aufnahmefähigkeit der Werra für Produktionsabwässer als Folge eines untauglichen Entsorgungskonzepts stark eingeschränkt. Die Folgen sind für K+S kritisch, wenn die Werra wenig Wasser führt und sie wären dramatisch, wenn die Verpressung von Abwässern in den Untergrund tatsächlich einmal untersagt werden sollte. Deshalb hat das Unternehmen geplant, einen Teil der Abwässer über eine Pipeline an die Oberweser zu transportieren und dort in den Fluss zu verklappen.

Aber auch eine Pipeline ist teuer, sie kostet etwa so viel wie die Aufbereitungsanlage des spanischen Kali­herstellers Iberpotash, mit der dieser seine Rückstandshalden aufarbeiten will und muss. Auch der Betrieb der Pipeline kostet Geld, ohne dass jemals auch nur ein Gramm der enthaltenen Wertstoffe gewonnen wer­den könnte: sie sollen vielmehr durch Verklappen in die Weser vernichtet werden. Wir waren deshalb nicht verwun­dert, als uns K+S-Vertreter versicherten, gerne auf den Bau der Oberweserpipeline verzichten zu wol­len. Um so erstaunter waren wir, dass dies mit der erstmalsd geplanten Beseitigung der KKF-Abwässer mög­lich sein soll, denn die­se An­lage verarbeitet ja nur einen kleinen Teil der K+S-Abwässer. Wenig Verständnis hatten wir für die Aus­sage, dass die eingesparten 160 bis 200 Mio. Euro nicht für den Bau einer wirksamen Aufbereitungs­anlage für die gesamten Abwässer des Unternehmen verwendet werden sollen.

Die Reduzierung des Anfalls von Haldenlaugen im Werrarevier durch Abdecken der Halden ist eine Il­lusion

Ohne Aufbereitung der Abwässer und ohne plausibles Entsorgungskonzept für die KKF-Abfälle und bei zu­nehmender Menge an Haldenlaugen ist es nicht plausibel, dass K+S auf den Bau der Oberweserpipeline verzichten kann. Der nächste Entsorgungsnotstand kann nicht lange auf sich warten lassen. Noch nicht ein­mal die Minimalvorgaben des aktuellen Bewirtschaftungsplans lassen sich erreichen, es sei denn, man folgte der K+S-Annahme, den Anfall von Haldenlaugen durch Abdecken der Halden weitgehend reduzieren zu kön­nen. Für diese Annahme fehlt aber jeder Nachweis.

Die Haldenabdeckung soll ohnehin erst in sechzig Jahren fertig gestellt sein. Bei diesem Zeitrahmen ist eine Überprüfung der K+S-Annahmen hinsichtlich ihrer technischen und finanziellen Machbarkeit ohnehin nicht möglich. Es ist auch nicht plausibel, dass es K+S gelingen könnte, eine standfeste Haldenabeckung herzu­stellen. Dies ist bei ähnlich steilen Haldenflanken noch nie gelungen, auch K+S ist gescheitert. (7)

Wenn eine Haldenabdeckung erst in sechzig Jahren wirksam sein kann, dann wird sich auch der Eintrag von Blei in das Grundwasser für weitere sechzig Jahre fortsetzen. K+S hatte hierfür das Auslaugen unterirdischer Tonschichten verantwortlich gemacht, ohne allerdings einen überprüfbaren Beweis vorzulegen. (8) Nach Anga­ben des damaligen Leiters F+E der K+S AG, Ingo Stahl, enthalten die Abwässer des Werkes Werra ohnehin schon zwi­schen 0,02 bis 0,05 mg Blei/Liter. (9) Aus den Zahlenangaben des Herrn Stahl lässt sich überschlägig errech­nen, dass allein das Werk Werra im Jahre 2006 mindestens eine Tonne Blei über Abwasser und feste Rückstände an die Umwelt abgestoßen hat.

In Spanien hat der Eintrag von Haldenlaugen in den Untergrund es der EU-Kommission ermöglicht, die Salz­aufhaldung verbieten und den Rückbau der Salzhalden anordnen zu lassen. (10)

Anmerkungen:

  1. Nach K+S-Angaben waren es 2006-2008 durchschnittlich 760.000 cbm Haldenlaugen pro Jahr. Da die Halde in Neu­hof weiter gewach­sen ist, muss auch die Menge an Haldenlaugen zugenommen haben. (K+S, Gesamtstrategie zur Verminderung der Umweltbelastungen, 31.05.2009, S. 87)
  2. https://e-kiosk.faz.net/downloadable/download/link/id/MC4yOTE5ODUwMCAxNDk0NzYyNjI4OTkyNzQxMDA1MjMxNDMz/
  3. K+S 2009, a.a.O.
  4. W. Hölzel/WWA, „Wertstoffausbeute, Energieeffizienz und ökologische Sinnhaftigkeit der Eindampfverfahren – Eine vergleichende Stellungnahme der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.“, Witzenhausen 06.12.2015
  5. Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Schultz-Süchting an die WWA vom 01.07.2015
  6. Die Umsetzung dieser Vorschläge ist bislang nicht gesichert, ihr stehen entweder Kosten- oder Genehmigungsfragen entgegen.
  7. W. Hölzel/WWA, „Faktencheck: Abdeckung der Rückstandshalden – Vertuschen und Zeit gewinnen“, 31.05.2017, http://www.wasser-in-not.de/index.php/aktuelles-alt2/1209-die-k-s-rueckstandshalden-sind-nicht-standfest-die-abdeckung-der-salzhalden-im-hessischen-kalirevier-ist-eine-illusion
  8. W. Hölzel/WWA, „Unvollständig, unbefriedigend und irreführend – Die Einlassungen des RP-Kassel zu der Schwermetallbelastung des Grundwassers durch Haldenlaugen der K+S Kali GmbH“, 10.10.2016, http://www.wasser-in-not.de/index.php/aktuelles-alt2/1056-unvollstaendig-unbefriedigend-und-irrefuehrend
  9. Ingo Stahl, „Gemeinsam die Zukunft gestalten!“, Vortrag, Runder Tisch 24.06.2008, Folie 17

Beitrag veröffentlicht

in

, , , , ,

von

Schlagwörter: