Der hessische Wirtschaftsminister im Karneval

K+S darf seine Abfälle weiter in das Grundwasser einlei­ten. Al Wazir:„Das ist ein Beispiel dafür, dass wir etwas anges­toßen haben, für das Jahrzehnte lang keine Lösung in Sicht war.“ Tusch, Narhallamarsch, Abgang.

In einem Interview mit der HNA nimmt der hessische Wirtschafts­minister Al Wazir (B’90/Die Grünen) „die Lösung des Konflikts um die Versenkung von Salzabwässern durch den Kasseler Düngemit­telhersteller K+S“ als Verdienst seiner Fraktion in Anspruch. Wie könnte er das gemeint haben?

von Walter Hölzel

Die von der Kali-Industrie seit Jahrzehnten betriebene Verpressung von Abwässern in den Untergrund ver­nichtet Trinkwasservorkommen, das wissen wir alle. Deshalb ist dieser „Entsorgungsweg“ so umstritten und deshalb ist er in Thüringen schon 2007 verboten worden. K+S hat sich kürzlich verpflichtet, der von der Trinkwasserversalzung betroffenen Gemeinde Ger­stungen „Kompensation“ zu leisten und kann die eigene Verantwortlichkeit dann wohl nicht mehr abstreiten. Ist dies das Verdienst der hessischen Grünen? Aber war­um hat die hessische Umweltministerin Priska Hinz (B’90/Die Grünen) dann 2016 die Laugenver­pressung er­neut genehmigt? Gewiss, diese Erlaubnis ist „letzt­malig“ erteilt worden, aber die vorangegange­ne Erlaubnis war auch schon „letztmalig“, das Wort scheint in Hessen keine Be­deu­tung zu haben.

Die Ministerin hat diesen Konflikt nicht gelöst, sondern vielmehr verschärft. Sie hat sich sogar den Vorwurf der Aktenmanipulation eingehandelt, als sie von der hessischen Fachbehörde HLNUG verlangt hat, ihre fachliche Expertise zu ändern. (1) Hessische und thüringische Behörden hatten zuvor dringend vor einer weite­ren Ge­nehmigung gewarnt und wegen der Folgen für Grund- und Trinkwasser auf die Rechtswidrigkeit einer sol­chen Genehmigung hingewiesen.

Der Bewirtschaftungsplan 2015-2021 für die Flussgebietseinheit Weser ist von den fünf bündnisgrünen Um­weltministern der Anrainerländer beschlossen worden, also auch von der hessischen Ministerin Priska Hinz. Auch dieser Bewirtschaftungsplan sieht die Fortsetzung der Laugenverpressung vor. Ist das die von Al Wazir gemeinte „Lösung des Konflikts“? Wohl kaum, denn der Konflikt besteht weiter.

Gewiss, der BUND und auch die Gemeinde Gerstungen wollen mit K+S das Ende der Laugenverpressung vereinbart haben. Ist dies das Verdienst der hessischen Grünen? Nein, denn dieses Verdienst beanspruchen andere Akteure für sich.

Nach dem Entsorgungskollaps 2015/16 haben die Bundesländer Thüringen und Niedersachsen der K+S Kali GmbH die Möglichkeit eröffnet, die anfallenden Abwässer dort in ehemalige Salzbergwerke zu verklappen. Der Stapelraum ist ausreichend, um auch auf die Verpressung von Abwässern verzichten zu können. Nach unserer Information nutzt K+S die angebotene Lösung nicht und setzt stattdessen die Laugenverpressung fort. Es wäre eine „Lösung des Konflikts“, wenn K+S verpflichtet würde, vorrangig die Stapelräume in den angebotenen Bergwerken zu nutzen – aber die bündnisgrünen Minister in Hessen schauen zu und lassen weiter verpressen.

Im vergangenen Januar will K+S seine neue „KKF-Anlage“ in Betrieb genommen haben. Die Idee geht auf einen Vorschlag der K-UTEC AG aus Sondershausen zurück (2), die Anlage setzt aber die technischen Mög­lichkeiten des K-UTEC-Vorschlags nur unzureichend um. Von der Menge her wäre die „KKF-Anlage“ genau für die Aufarbeitung der bislang verpressten 1,5 Mio. Ku­bikmeter Abwasser/Jahr ausgelegt. Warum ist von K+S nicht verlangt worden, die für die Verpressung vorge­sehenen Abwässer vorrangig in der „KKF-Anlage“ zu verarbeiten und die Verpressung mit Inbetriebnahme der neuen Anlage einzustellen? Die Ministerin hat es sogar aktuell unterlassen, die Grenzwerte in der Werra zu senken. Denn wenn K+S mit der „KKF-Anlage“ an­geblich „20% der Abwässer einsparen“ kann, warum sollten dann die Grenzwerte in der Werra unverän­dert hoch bleiben? Keine Konfliktlösung in Sicht!

Wir können es drehen wie wir wollen, wir verstehen den Minister nicht. Es ist uns unklar, welchen „Konflikt“ Herr Wazir gemeint haben könnte, auf welche „Lösung“ er sich bezieht und was die Landtagsfraktion der hess­ischen Grünen damit zu tun haben könnte. Den Konflikt um die Verpressung von Abfalllaugen in den Un­ter­grund kann der Minister nicht gemeint haben, denn dieser Konflikt ist ungelöst. Die bündnisgrüne Mi­nisterin Priska Hinz hat keine der Möglichkeiten für eine Einstellung der Laugenverpressung ge­nutzt und sie hat den Konflikt durch deren Genehmigung weiter verschärft.

Nehmen wir einfach an, dass das zitierte Interview mehr mit dem aktuel­len Karnevalsgeschehen zu tun hat, als wir anfangs für möglich gehalten hätten.


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